Härtefallfonds soll nun für Waren (Müritz) greifen
Reichlich Gesprächsstoff hatte die Tagesordnung der gestrigen Stadtvertreterversammlung im Bürgersaal von Waren (Müritz) versprochen. Insgesamt 14 Tagesordnungspunkte standen allein im öffentlichen Teil auf dem Plan. Der Beschlussantrag der AFD zur Feststellungsklage auf Schadensersatz gegen die Landesregierung MV wurde zwar vorerst gestrichen, aber dennoch sollte es spannend werden. Denn der erste Nachtragshaushalt, die Umsetzung des Härtefallfonds und die Sicherung des Charakters des Warener Wochenblattes boten jede Menge Zündstoff.
Pünktlich um 18 Uhr läutete Rüdiger Prehn als Präsident der Stadtvertretung die Sitzung am 27. Mai 2020 im Bürgersaal Waren (Müritz) ein und begrüßte die 26 Stadtvertreter und stellte damit die Beschlussfähigkeit fest. Eine Liste der Geburtstagskinder, verbunden mit den besten Glückwünschen, führte schnell zur aktuellen Tagesordnung. Hier legte Bürgermeister Norbert Möller im Sprint seinen Bericht zu Beschlüssen des Hauptausschusses und wichtige Angelegenheiten vor. Die schriftliche Form wurde den Stadtvertretern zuvor auf zehn Seiten ausgehändigt. Ohne große Kommentare konnten somit auch TOP 5 auf erledigt gesetzt werden und Rüdiger Prehn schaute auf seine Uhr. „Es ist 18:28 Uhr und wir können pünktlich um 18:30 Uhr in die Einwohnerfragestunde gehen“, so der Präsident der Stadtvertretung.
Diese nutzte lediglich Cindy Stoll als Einwohnerin von Waren (Müritz) und als Mitglied der Warener Hotelgemeinschaft, um sich über den Stand und Fortführung von Müritz rundum erkundigte. „Wir wollen Müritz rundum nicht zerstören, sondern eine andere Struktur mit mehr Stimmrecht“, antwortete Ralf Spohr als Fraktionsvorsitzender der CDU. „Es ist noch nichts entschieden, es gibt kein Interesse, die Form zu ändern“, so Norbert Möller, der auf den 11. Juni 2020 und damit die Sitzung des Finanz und Grundstücksausschusses verwies. Zuvor will der Tourismusverband Mecklenburgische Seenplatte nochmals für das Projekt „Müritz rundum“ werben. Da es lediglich eine Wortmeldung in der Einwohnerfragestunde gab, konnte dieser TOP auch binnen fünf Minuten abgearbeitet werden.
Erster Nachtragshaushaltder Stadt Waren (Müritz)
In Sachen erster Nachtragshaushalt gab es da schon etwas mehr Redebedarf und den nutzte gleich Jutta Gerkan von der Fraktion Bündnis90/Die Grünen. „Ich halte es für einen Wahnsinn, an die liquiden Mittel der Stadt zu gehen, diese Ausgaben können wir uns nicht leistet. Fehlende Einnahmen aus Steuern, Parkgebühren müssen wir einplanen. Nicht nur die Unternehmen leiden, sondern auch die Kommunen. Aus diesem Grund beantragen wir, nicht eine Million sondern nur 200.000 Euro für den Härtefallfonds anzusetzen“, erklärte Jutta Gerkan, die zuvor einen Dringlichkeitsantrag an die anderen Fraktionen und den Präsidenten der Stadtvertretung verteilte. Demnach sollten lediglich Unternehmen eine Stütze aus dem Härtefallfonds erhalten, die weder vom Bund noch von der Landesregierung eine Förderung erhalten würden. Bänker Christian Holz, und gleichzeitig Bürgermeisterkandidat der CDU, hingegen nutzte seine Wortmeldung, um den Entwurf der Stadtverwaltung zu monieren. „Der Nachtragshaushalt zeigt keine Gegenwehr zur aktuellen Lage, ich finden, dass wir hier gegensteuern müssen. Sicherlich kann man einen Kredit aufnehmen, aber Kredit heißt Kredit und damit Rückzahlung und nicht geschenkt“, so Christian Holz. „Wir sind zwar die Partei mit dem C, aber auf Gott vertrauen hilft nicht. Bei welchen freiwilligen Leistungen wollen sie sparen. Wollen sie die Steuern erhöhen“, fragte der CDU-Politiker in Richtung Bürgermeister Möller, der auch prompt antwortete: „Die Steuerschätzung für Mai haben wir noch nicht, also muss es einen zweiten Nachtragshaushalt geben. Und ja, wenn der Härtefallfonds greift, fehlt uns eine Million. Bei solch besonderen Situationen müssen wir aber unsere Unternehmen helfen“, so Norbert Möller, der auch die Modernisierung der Regionalen Schule Waren/West aufgriff. „Aus Sicht der Verwaltung steht die Umgestaltung der Regionalen Schule Waren/West steht nach wie vor an“, verdeutlichte Möller.
Etwas mehr Zeit und damit auch einen Podiumsplatz gönnte sich Toralf Schnur als Bürgermeisterkandidat und Fraktionsvorsitzender der FDP/MUG. „Sie sagen, sie haben den Nachtragshaushalt nach besten Wissen und Gewissen gemacht. Ich habe meine Russischprüfung auch nach besten Wissen und Gewissen gemacht und es wurde eine vier. Also ist das nicht immer gut“, zog Toralf Schnur das Interesse der Zuhörer auf sich. „Wir werden in den nächsten drei Jahren mit einem Einbruch in der Gewerbesteuer von drei Millionen Euro rechnen müssen. Das sind pauschal und wohlwollend geschätzt 20 Prozent Einbußen. Die Umsatzsteuer wird auch anteilig runtergehen. Bei 20 Prozent sind das jährlich 400.000 Euro, als 1,2 Millionen Euro in drei Jahren. Auch die Einkaufssteuer wird einbrechen. Nach gewogener Schätzung 600.000 Euro im Jahr, also bis 2022 1,8 Millionen Euro. Wir rechnen immer noch mit dem Stand aus 2019, was nicht geht“, so der FDP-Politiker. Weitere Einbußen sieht Schnur bei der Investition innerhalb des Heilbades und kommt insgesamt auf 12-13 Millionen Euro, die derzeit nicht eingerechnet werden. „Wo fängt man also an, wenn man den Gürtel enger schnallen muss“, fragte Schnur in die Runde und wartete nicht groß auf eine Antwort. Die lieferte er gleich selber. „Wenn ich mir das in der Verwaltung anschaue, dann ist da überhaupt nichts enger geschnallt worden. Wie erklärte ich einem Bürger mit Kurzarbeit und 67 Prozent, dass die Mitarbeiter der Stadtverwaltung mit 100 Prozent nach Hause gehen“, wünschte sich Schnur ein Zeichen des Wir-Gefühls aus der Verwaltung. „Doch nun zum Härtefallfonds der Stadt Waren (Müritz)“, lenkte Schnur ein. „Ich verstehe alle Vertreter. Dieser Fonds ist sehr teuer und kaum leistbar. Aber, damit wenden wir wahrscheinlich Schäden von der Stadt Waren ab“, so Toralf Schnur und sprach sich auch gegen eine zeitliche Begrenzung der Hilfen aus. Grund: Das Land Mecklenburg-Vorpommern hat eine Beschränkung von drei Monaten für die Hilfe festgelegt und gerade der Tourismus, ein eigentlich stabiler Wirtschaftszweig wackelt derzeit enorm.
„Der Härtefallfonds hat nicht die Aufgabe alle Hilfen von Land und Bund zu ersetzen“, betonte Schnur allerdings. Firmen, die vorher schon platt waren, muss man nicht mehr fördern. Dennoch sollten jetzt die Hilfen an die Härtefälle ausgegeben werden. Die Fraktion der FDP/MUG beantrage zusätzlich die Erhöhung der Mitarbeiterzahlen von zehn auf 20, um gerade das touristische Gewerbe zu berücksichtigen. „Ich finde es bemerkenswert, wie schnell man Dinge vergessen kann. Das passiert allen das erste Mal. Einige drehen jetzt den Spieß um und kritisieren den Nachtragshaushalt, dabei haben wir das schon vor Wochen vorhergesehen. Ich hatte damals das Gefühl, dass wir uns einig sind. Wir sollten uns bereiterklären, das gemeinsam zu stemmen“, forderte Christine Bülow im folgenden Statement. Ralf Spohr hingegen wünscht sich Kennziffern, welche die Leistungsfähigkeit der Stadt Waren abstecken.
„Wir können jetzt nicht so tun, als wenn die angesprochenen Einbußen nicht eintreten können. Wir müssen die Szenarien für 2021 mit einrechnen und der nächste Nachtragshaushalt wird uns sicher die Augen öffnen“, so Ralf Spohr, der nicht davon ausgeht, dass es noch die großen Förderungen aus dem Land gibt. Ebenfalls für die CDU bat René Drühl ums Wort und merkte an: „Es ist ein völlig flaches Signal der Grünen, wir haben etwas einmaliges erreicht. Es steht im Härtefallfonds, wir geben bis zu einer Million Euro aus, nicht das wir eine Million Euro ausgeben werden. Wir müssen Härtefälle aber unterstützen.“ Schließlich konnte der erste Nachtragshaushalt der Stadt Waren (Müritz) bestätigt werden. Einem weiteren brisanten Tagesordnungspunkt, den Umgang mit dem Warener Wochenblatt widmen wir einen eigenen Beitrag.