Gärtnerin im Wangeliner Garten
Karin Müller: "Immer was zu tun im Schau- und Lehrgarten, im Bauerngarten oder bei den Schmetterlingsbeeten"
Der Wangeliner Garten bildet ein gesundes Gleichgewicht aus Wildwuchs und Ordnung. Gepflegt, aber naturbelassen erfreut die weitläufige Anlage in Wangelin schon über zwanzig Jahre Gäste und Betreiber. Seit 2017 kümmert sich Karin Müller als Gärtnerin darum, dass es im Schau- und Lehrgarten, im Bauerngarten oder bei den Schmetterlingsbeeten grünt, blüht und duftet. Wer sich dafür interessiert, die Schätze der Natur kennen zu lernen und mit ihnen zu arbeiten, wird in der Gegend um Wangelin südlich von Plau am See fündig: im Lehmmuseum Gnevsdorf, in der Europäischen Bildungsstätte für Lehmbau in Wangelin – und im Wangeliner Garten, der daran angrenzt. Der Bioökologe Peter Pretscher entwarf kurz nach der Wende diese großzügige Gartenanlage, eine Komposition aus mehreren Teilgärten, von denen jeder seine Funktion hat, wie der Schau- und Lehrgarten, der Bauerngarten oder der Schmetterlingsgarten. Im Bauerngarten kann man zum Beispiel sehen, wie die Landbewohner Mecklenburgs traditionell das Grün an ihrem Haus gestalteten und welche Pflanzen dort wuchsen.
In einem Teil des Schau- und Lehrgarten sind die Pflanzen danach geordnet, welchen Körperteil sie heilen können. Zwischen Blumen, Sträuchern und Bäumen stehen Bänke zum Ausruhen. Schmetterlinge und andere Insekten schweben durch die Luft. In seinen rund zwanzig Jahren Existenz hat sich der Wangeliner Garten zu einem wunderbaren, verwunschenen und doch sehr realen Ort entwickelt, der in der Saison – und auch außerhalb – zahlreiche Gäste anzieht. Darin lockt das Gartencafé mit Getränken und Kuchen sowie Produkten aus dem Garten, wie naturtrübem Saft aus Äpfeln alter Sorten. Lehm- und Strohhäuser und Wohnwagen laden zum Übernachten ein. Der Förderverein des Gartens stellt zudem jedes Jahr ein vielfältiges Kulturprogramm zusammen – mit Konzerten auf der Weidenbühne, Kino und zwei kleinen Märkten. Der Verein, der die Anlage einst erschaffen ließ, betreibt sie heute noch – der FAL, kurz für „Verein zur Förderung ökologisch-ökonomisch angemessener Lebensverhältnisse westlich des Plauer Sees“ e. V. Trotz all dieser Verlockungen war Karin Müller nicht restlos begeistert, als sie 2017 zum ersten Mal den Wangeliner Garten betrat. „Mein erster Gedanke war: Wo bist du hier nur gelandet“, berichtet die heute 63-jährige. Denn das Konzept der Einrichtung ist es, stets das Gleichgewicht zwischen Wildwuchs und Ordnung zu halten. „Gepflegt, aber naturbelassen“ ist das Motto. „Damals fiel es mir noch schwer, zwischen Unkraut, das entfernt werden musste, und den Pflanzen, die ausdrücklich stehen bleiben sollten, zu unterscheiden“, erzählt Karin Müller.
Nun hält sie gemeinsam mit ihrem Kollegen Rene Bantin den Garten in Schuss und fühlt sich mittlerweile sehr wohl darin. Sie kümmert sich vor allem um die Beete. Da die viele Arbeit für die beiden auf dem rund 15.000 Quadratmeter großen Areal allein kaum zu schaffen ist, werden sie von Zeit zu Zeit von Jugendlichen oder Erwachsenen unterstützt, die ein Freiwilliges Ökologisches Jahr, ein Praktikum oder einen Bundesfreiwilligendienst absolvieren oder im Rahmen internationaler Jugendcamps unterwegs sind. Karin Müller, die in Lübz wohnt und dort ihren eigenen Garten bewirtschaftet, hat Feldbau gelernt und nach der Wende unter anderem in einer Mosterei und einer Pilzfarm gearbeitet. 2017 begann sie als Ein-Euro-Kraft im Wangeliner Garten, setzte ihre Tätigkeit dann als Bundesfreiwilligendienstleistende und Minijobberin fort. Im April 2023 erhielt sie einen Zweijahresvertrag über dreißig Stunden wöchentlich. Karin Müller ist optimistisch, dass dieser verlängert wird. Was sie und ihr Kollege zu tun haben, richtet sich wie bei den meisten Gärtnern nach der Jahreszeit: Im Winter reparieren und ordnen sie das Werkzeug, fegen Schnee, bereiten das Saatgut vor und säen bereits frühe Pflanzen aus. Im Frühjahr bereiten sie den Garten für die Saison vor, beschneiden die Kopfweiden, pflanzen und stellen die nicht winterharten Gewächse ins Freie. Das Gartencafé empfängt im April schon seine ersten Wochenendbesucher, obwohl der Saisonstart erst am 1. Mai mit dem Pflanzenmarkt folgt. Danach kommen mehr und mehr Gäste in den Garten und zu den Veranstaltungen. Im Sommer wird gejätet, verschnitten, gemäht. Die Wege müssen geharkt werden. „Man hat so viel auf einmal zu tun, dass man vorne wieder anfangen könnte, wenn man hinten noch gar nicht fertig ist“, so die langjährige leidvolle Erfahrung von Karin Müller. Im Spätsommer steht die Haupterntezeit an. „In diesem Jahr haben wir aber wegen der Schneckenplage nicht so viel angebaut wie sonst“, bedauert die Gärtnerin. Im Wangeliner Garten wachsen Kohlrabi, Sellerie, Kartoffeln, Tomaten, Paprika, Salate, Kürbisse und Zucchini.
Auf den Bäumen hängen zum Ende des Sommers Äpfel, Pflaumen, Birnen, Quitten und Mirabellen. Im Herbst geht der Garten dann allmählich zur Ruhe: Karin Müller und Rene Bantin schneiden trockene Pflanzenteile ab, säubern die Beete, harken die Blätter zusammen und decken die Pflanzflächen mit Reisig ab. Die Gärtnerin aus Lübz folgt bei der Arbeit in Wangelin ihren Berufsprinzipien: „Wenn man im Garten etwas erreichen will, sollte man fleißig sein und einen Blick dafür haben, wo was zu tun ist.“ Auch die Witterungsunbilden schrecken einen guten Gärtner nicht ab. Karin Müller und Rene Bantin arbeiten, entsprechend gekleidet, bei fast jedem Wetter, außer bei Dauerregen. Ihre Lieblingspflanzen hier genießt die Gärtnerin natürlich vor allem, wenn es schön ist: Die Römische Kamille mit ihrem zarten Grün im Frühling und das herrlich blühende Mädesüß, das leicht duftet, liebt sie besonders. Neben diesen heimischen Pflanzenarten hat es Karin Müller auch das amerikanische Moxakraut angetan. Es zählt zur Familie der Beifußgewächse und wird sehr hoch. Die Ureinwohner Nordamerikas schätzten es ob seiner Heilwirkung. Wie alle Pflanzen hier wird auch das Moxakraut gemäß den Grundsätzen des ökologischen Gartenbaus behandelt – also nicht chemisch gedüngt oder gespritzt. Denn der Wangeliner Garten soll so bleiben, wie er ist: naturnah und naturbelassen.