FDP/MUG bringt zehn Änderungsvorschläge auf die Tagesordnung
Mit den Worten „Ich ziehe den Antrag zurück“, sorgte Warens Stadtvertreter Toralf Schnur (FDP) nach zwei Stunden Sitzung des Finanzausschusses für Verwunderung. Zuvor war der WoGeWa-Gesellschaftervertrag Gegenstand der Beratung, in der die männlichen Formen der Anrede um die weibliche Form ergänzt werden sollten. Jutta Gerkan fand diesen Antrag so gut, dass sie nicht nur zustimmte, sondern auch mit der Form „Divers“ ein drittes Geschlecht in den Vertrag bringen wollte. Zuviel für den FDP-Mann. Aber auch die anderen neun Anträge der FDP/MUG-Fraktion wurden einen Tag später zurückgezogen.
Bereits mit der Verkündung der Tagesordnung zeigte sich Heiko Seifert (Linke) mit der Einberufung der Versammlung nicht einverstanden und forderte die Absetzung der WoGeWa-Punkte. „Wenn das jetzt gestrichen wird, hätten wir uns die ganze Sitzung sparen können“, so Toralf Schnur, der gleichzeitig anmerkte: „Auf Anregungen von Rüdiger Prehn als Präsident der Stadtvertretung und Bürgermeister Norbert Möller sollten diese Punkte im Vorfeld besprochen werden, um die zeitliche Anspannung in der bevorstehenden Stadtvertretersitzung zu minimieren.“ Dem schlossen sich auch die anderen Ausschussmitglieder an und gingen in der Tagesordnung weiter.
In der Stadtverwaltung sah man nach Prüfung durch Justiziar Marc-Olaf Stibbe keinen großen Änderungsbedarf. Und auch Norbert Dahlheim (SPD) meinte „Der Vertrag hat sich 30 Jahre bewährt, viele Rechtsberater haben das bereits geprüft.“ Auch die Grünen und die Fraktion der CDU sahen den WoGeWa-Gesellschaftervertrag grundlegend als gegeben an.
Folgende Anträge brachte die FDP-MUG auf die Tagesordnung:
„Der Aufsichtsrat kann den Geschäftsführer aus wichtigem Grund vorläufig seines Amtes Der Beschluss bedarf der Mehrheit von zwei Dritteln aller Mitglieder des Aufsichtsrates. Für die Dauer der vorläufigen Amtsenthebung des Geschäftsführers hat der Aufsichtsrat die Fortführung der Geschäfte sicherzustellen. Die Gesellschafterversammlung ist unverzüglich einzuberufen. Dem vorläufig seines Amtes enthobenen Geschäftsführer ist in der Gesellschafterversammlung Gehör zu geben.” wird geändert in:
Der Aufsichtsrat hat im Anschluss an die Beschlussfassung durch die Stadtvertretung und in deren Auftrag einen Geschäftsführer aus wichtigem Grund vorläufig seines Amtes zu entheben. Für die Dauer der vorläufigen Amtsenthebung eines Geschäftsführers hat der Aufsichtsrat die Fortführung der Geschäfte bis zu einer abschließenden Entscheidung durch die Stadtvertretung sicherzustellen. Dem vorläufig seines Amtes enthobenen Geschäftsführer ist in der Stadtvertretung Gehör zu geben.
„Jede Fraktion ist im Aufsichtsrat vertreten und könnte mitbestimmen“, so Jutta Gerkan, die von René Drühl (CDU) gestärkt wurde: „Die Stadtvertretung ist dem Bürgermeister und dem Aufsichtsrat gegenüber weisungsberechtigt. Jede Fraktion nach Sitzverteilung vertreten“, so René Drühl, der selber seit über 17 Jahren im Aufsichtsrat sitzt. „Das Stichwort heißt Transparenz, denn der Aufsichtsrat ist nicht öffentlich“, hieß es seitens der FDP/MUG. In den Aufsichtsrat der WoGeWa wurden Roland Preibisch, Heidemarie Engelking, Rene Drühl, Ralf Spohr, Kerstin Kordowski, Tobias Starkloff, Jens Becker, Christel Schnur und Frank Müller mit der jüngsten Wahl berufen.
Dieser Antrag wurde mit zwei Ja-Stimmen und sieben Gegenstimmen abgelehnt
- „Anstellungsverträge mit dem Geschäftsführer werden vom Aufsichtsrat unbefristet abgeschlossen.“ wird geändert in:
Anstellungsverträge mit dem Geschäftsführer werden für die Dauer von mindestens 2 und maximal 5 Jahren abgeschlossen. Im Vorfeld der erstmaligen Anstellung als Geschäftsführer ist eine öffentliche Ausschreibung der Stelle vorzunehmen.
„Fünf Jahre sind mittlerweile üblich, mindestens zwei Jahre halte ich für nicht produktiv“, meinte René Drühl (CDU) zu diesem Antrag. Doch Toralf Schnur bekräftigte seinen Antrag und unterstrich: „Aufsichtsrat hat dann mehr Chance bei der Bestellung des Geschäftsführers.“ Dagegen meinte Raoul Bajorat von der AFD, dass fünf Jahre wirtschaftlich besser sind, um gute Leute zu ziehen. Hiermit wurde auch der Antrag gestellt, dass die Zweijahresklausel aus dem Antrag gelöscht werden soll. Dies wurde bei drei Stimmenthaltungen schließlich von den anderen sechs Stadtvertreter durchgewunken.
- „Der Geschäftsführer hat dem Aufsichtsrat regelmäßig über die Angelegenheiten der Gesellschaft zu berichten und in den Sitzungen des Aufsichtsrates, an denen er auf dessen Verlangen teilnimmt, Auskunft zu erteilen. ” wird geändert in:
Der Geschäftsführer hat dem Aufsichtsrat regelmäßig über die Angelegenheiten der Gesellschaft zu berichten und in den Sitzungen des Aufsichtsrates Auskunft zu erteilen.
Dieser Antrag wurde mit vier Ja-Stimmen und fünf Gegenstimmen abgelehnt
- „Der Geschäftsführer ist von den Beschränkungen des $ 181 BGB befreit.” wird geändert in:
Der Geschäftsführer ist von den Beschränkungen der Mehrfachvertretung des $ 181 BGB befreit.
Hier sieht die FDP/MUG die Gefahr, dass der Geschäftsführer Insichgeschäfte macht. Um dies zu umgehen, soll eine Wertgrenze im Anstellungsvertrag festgesetzt werden. Dies Antrag wurde von der AFD gestellt und mit sechs Ja-Stimmen und drei Enthaltungen angenommen.
- „Die Mitglieder des Aufsichtsrats erhalten ein Sitzungsgeld als Aufwandsentschädigung das von dem Gesellschafter festgesetzt wird.” wird geändert in:
Die Mitglieder des Aufsichtsrats erhalten ein Sitzungsgeld als Aufwandsentschädigung, das von der Stadtvertretung festgesetzt wird.
Durch diesen Antrag sollte mehr Transparenz in den Aufsichtsrat kommen. „Zudem ist die Wertgrenze der freien Verfügung des Bürgermeisters durch das Sitzungsgeld überschritten. Die neun Mitglieder des Aufsichtsrates der WoGeWa bekommen pro Sitzung, im Regelfall vier pro Jahr, 200 Euro Aufwandsentschädigung.
- „Der Aufsichtsrat wählt aus seiner Mitte einen Vorsitzenden. Diese Wahlen sind — ausgenommen bei Wiederwahl — zu wiederholen, wenn es mehr als die Hälfte aller Mitglieder des Aufsichtsrates fordern.” wird geändert in:
Der Aufsichtsrat wählt aus seiner Mitte einen Vorsitzenden.
Aus Sicht der Stadtvertreter ist eine Wiederwahl rechtlich nicht möglich. Von Stadtvertreter stimmten für die Änderung, einer gegen und drei enthielten sich.
- „Der Aufsichtsrat hat der Gesellschafterversammlung über seine Tätigkeit zu berichten.” wird geändert in:
Der Aufsichtsrat hat neben der Gesellschafterversammlung auch die Stadtvertretung über seine Tätigkeit zu berichten.
Auch dieser Antrag fand mit zwei Ja-Stimmen keine Mehrheit. Drei Stadtvertreter stimmten dagegen und vier weitere enthielten sich.
- Die Stadtvertretung beschließt die nachfolgende Änderung des $ 19 S. 2 des Gesellschaftervertrages der Wohnungsbaugesellschaft Waren mbH mit dem Wortlaut:
„Ihr unterliegt die Beschlussfassung über
d) die Feststellung des Jahresabschlusses (Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung, Anhang),
e) die Verwendung des Bilanzgewinns, unter Berücksichtigung der Festlegungen in den $$ 8 Abs. 4, 22 und 23 dieses Vertrages,
f) den Ausgleich des Bilanzverlustes,
g) die Beteiligung an anderen Unternehmen. Diese Beteiligung bedarf nach $ 73 Abs. 1 Nr. 7 KV M-V der Zustimmung der Stadt Waren (Müritz).
h) den Gesamtbetrag, bis zu dem Darlehen übernommen oder Schuldverschreibungen ausgegeben werden sollen,
i) die Einziehung von Gesellschaftsanteilen,
j) die Entlastung des Geschäftsführers und des Aufsichtsrates,
k) die Bestellung von Aufsichtsratsmitgliedern,
l) den Widerruf der Bestellung des Geschäftsführers aus wichtigem Grund($ 7, Abs. 4),
m)die Abberufung von Aufsichtsratsmitgliedern,
n) die Genehmigung der Geschäftsanweisung,
o) die Geltendmachung von Ersatzansprüchen gegen Geschäftsführer, Mitglieder des Aufsichtsrates und die Wahl von Bevollmächtigten zur Vertretung der Gesellschaft bei Rechtsgeschäften und Rechtsstreitigkeiten mit dem Geschäftsführer,
p) die Änderung des Gesellschaftsvertrages,
q) die Verschmelzung, Vermögensübertragung oder Umwandlung der Gesellschaft.“
wird geändert in:
“Ihr unterliegt im Anschluss an die Beschlussfassung durch die Stadtvertretung und in deren Auftrag die Beschlussfassung über
d) die Feststellung des Jahresabschlusses (Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung, Anhang),
e) die Verwendung des Bilanzgewinns, unter Berücksichtigung der Festlegungen in den $$ 8 Abs. 4, 22 und 23 dieses Vertrages,
f) den Ausgleich des Bilanzverlustes,
g) die Beteiligung an anderen Unternehmen. Diese Beteiligung bedarf nach $ 73 Abs. I Nr. 7 KV M-V der Zustimmung der Stadt Waren (Müritz).
h) den Gesamtbetrag, bis zu dem Darlehen übernommen oder Schuldverschreibungen ausgegeben werden sollen,
i) die Einziehung von Gesellschaftsanteilen,
j) die Entlastung des Geschäftsführers und des Aufsichtsrates,
k) die Bestellung von Aufsichtsratsmitgliedern,
l) den Widerruf der Bestellung des Geschäftsführers aus wichtigem Grund (8 7, Abs. 4),
m) die Abberufung von Aufsichtsratsmitgliedern,
n) die Genehmigung der Geschäftsanweisung,
0) die Geltendmachung von Ersatzansprüchen gegen Geschäftsführer, Mitglieder des Aufsichtsrates und die Wahl von Bevollmächtigten zur Vertretung der Gesellschaft bei Rechtsgeschäften und Rechtsstreitigkeiten mit dem Geschäftsführer,
p) die Änderung des Gesellschaftsvertrages,
q) die Verschmelzung, Vermögensübertragung oder Umwandlung der Gesellschaft.“
Dieser Antrag wurde bereits im Vorfeld zurückgezogen.
- „Die Wahl des Wirtschaftsprüfers obliegt dem Aufsichtsrat.“ wird geändert in:
“Die Wahl des Wirtschaftsprüfers obliegt dem Aufsichtsrat. Der Aufsichtsrat hat nach Ablauf von 5 Jahren den Wirtschaftsprüfer zu wechseln und kann spätestens nach einer Sperrzeit von 10 Jahren einen Wirtschaftsprüfer erneut mit der Prüfung betrauen.“
Seitens der Stadtverwaltung gab es folgende Stellungnahme: „Hier wird offenbar eine sogenannte externe Rotation des Wirtschaftsprüfers angestrebt. Eine gesetzliche Verpflichtung hierzu besteht nicht.
In der freien Wirtschaft existieren Regelungen zur Prüferrotation nur für börsennotierte (kapitalmarktorientierte) Kapitalgesellschaften und sind in einer EU-Verordnung geregelt. Danach ist ein Prüferwechsel erst nach 10 Jahren vorzunehmen, wobei das Aufsichtsgremium die einmalige Möglichkeit hat, den Prüfungszeitraum um weitere 10 Jahre zu verlängern.
Vom Landesrechnungshof werden allerdings ein regelmäßiger Wechsel und eine erneute Ausschreibung des Auftrages an Wirtschaftsprüfer empfohlen.
Es stellt sich allerdings die Frage, warum öffentliche Verwaltungen bzw. Kommunalunternehmen ihren Abschlussprüfer nach 5 Jahren wechseln sollten, während ein DAX-Konzern erst nach 20 Jahren einen Prüferwechsel vornehmen muss.
Von der Wirtschaftsprüferkammer wurden daher erhebliche Bedenken gegen eine 5-jährige Prüferrotation geltend gemacht und sie nennt die folgenden negativen Auswirkungen:
- Negative Auswirkung auf die Prüfungsqualität durch Verlust des für die Prüfung notwendigen Fachwissens und Vertrauensverhältnisses zum Mandanten
- Externe Rotation ignoriert die zunehmende Komplexität der inner- und außerbetrieblichen Strukturen
- Ein Prüferwechsel behindert eine intensive Auseinandersetzung mit unternehmerischen Risiken, Abläufen und Kontrollen
- Erheblicher Mehraufwand für das Personal im Rechnungswesen des zu prüfenden Unternehmens durch einen Prüferwechsel
- Schädigung des Informationsbedürfnisses von Aufsichtsrat, Beirat und Prüfungsausschuss durch Verlust von vorhandenen Kommunikationswegen“
„Diese Erklärung der Stadt ist sehr abenteuerlich“, so Toralf Schnur, der bei der Abstimmung sechs Ja-Stimmen, eine Gegenstimme und zwei Enthaltungen kassierte.
- Die Stadtvertretung beschließt innerhalb des gesamten Gesellschaftervertrages die männlichen Formen der Anrede um die weibliche Form zu ergänzen, dies gilt auch für alle zukünftigen Änderungen des Gesellschaftervertrages.
Dieser Antrag wurde nach Gegenantrag von Jutta Gerkan auf die Erweiterung um „Divers“ zurückgezogen.
Die Änderung des Gesellschaftsvertrages der Wohnungsbaugesellschaft Waren mbH (WoGeWa) steht derzeit noch als TOP29 auf der Tagesordnung im öffentlichen Teil der Stadtvertretersitzung. Ob er bestehen bleibt, wird bereits unter TOP3 Änderungsanträge zur Tagesordnung des öffentlichen Teils beraten. Die Änderungsanträge wurden seitens der FDP/MUG nach der Sitzung des Finanzausschusses zurückgezogen. „Mit den Änderungen sind das nicht mehr unsere Vorschläge, jetzt sollten sich die anderen Fraktionen positionieren“, begründete Toralf Schnur den Rückzug.