Vor zwölfeinhalb Jahren kaufte die Genossenschaft BEWAHREN Ferienhaus eG der Stadt Waren (Müritz) den Wasserturm auf dem Nesselberg ab. Damals präsentierte sich der Wasserturm im sehr schlechten Zustand. Die Mitglieder der Genossenschaft sanierten den Wasserturm und bauten vier Ferienwohnungen hinein, die sie selbst, aber auch Gäste nutzen können.
Der Wasserturm auf dem Warener Nesselberg beherbergt ein erstaunliches geografisches Phänomen: Wenn man von Hagenow nach Kargow, von dort nach Güstrow und schließlich nach Pankow will, muss man nicht lange Strecken fahren, sondern braucht nur die Wendeltreppe hochzusteigen. Denn es handelt sich dabei um liebevoll eingerichtete Ferienwohnungen mit einer Größe von 25, 35 und 50 Quadratmetern, von denen jede ihr eigenes Farbkonzept hat: Hagenow im Erdgeschoss ist dunkelrot, Kargow im ersten Stock grün, Güstrow im zweiten hellrot und Pankow, die über Etage drei und vier geht, ist in Gelb gestaltet. Die Wohnungen im Wasserturm existieren seit über zehn Jahren und sind das Ergebnis des Wirkens einer zweistelligen Zahl Menschen, der Genossenschaft BEWAHREN Ferienhaus eG mit Sitz in Berlin. Eins der drei Vorstandsmitglieder ist Jan Reininger. Er berichtet, wie alles begann: „2008 wurden zwei Architekten, die später zu den Gründungsmitgliedern gehören sollten, darauf aufmerksam, dass die Stadt Waren einen erneuten Anlauf nahm, den Wasserturm zu verkaufen. Zuvor waren verschiedene Nutzungskonzepte verworfen worden, die aus dem Turm beispielsweise einen Teil der Jugendherberge machen oder ein Lesecafé in ihm unterbringen wollten.“
2008, noch bevor die Genossenschaft ins Leben gerufen wurde, bewarb man sich bei der Stadt mit dem Konzept, durch diese neu zu gründende Genossenschaft den Turm mit Ferienwohnungen auszubauen. „Ich denke, dass wir den Zuschlag bekamen, weil wir den Turm in gewisser Weise für die Öffentlichkeit zugänglich halten und nicht einfach einen Zaun drum aufstellen und niemanden mehr hereinlassen wollten, wie es vielleicht ein privater Käufer getan hätte“, so Jan Reininger weiter. Denn die Genossenschaft öffnet das Bauwerk beispielsweise für Führungen zum Tag des Offenen Denkmals und auch zur Vermietung an Nichtmitglieder.
Der Turm ist zu dieser Zeit in einem beklagenswerten Zustand. Obwohl das Dach und das Fachwerk 2002 denkmalschutzgerecht saniert worden waren, sah es unten und innen nicht gut aus: Man hatte Scheiben eingeworfen. Die leeren Fenster hatte die Stadt notdürftig mit Holzplatten verkleidet. Brombeeren wucherten auf dem rund 1500 Quadratmeter großen Grundstück. Da das Areal nicht umzäunt war, trafen sich abends hier gerne Jugendliche, die ihren Müll nicht immer beräumten. „Und drinnen wohnte noch bis 2001 ein Mieter, der schon 1969 eingezogen war und angesichts seines Alters vor der Dachsanierung zum Glück überzeugt werden konnte, ins Pflegeheim zu ziehen.“
Die Genossenschaft, die Turm und Grundstück für 150.000 Euro erworben hatte, investierte noch einmal rund eine halb Million Euro für die Sanierung und den Innenausbau. „Alles unterhalb des Daches haben wir erneuert“, sagt Jan Reininger. Im Oktober 2010 hatte man damit begonnen und war im Juni 2011 mit dem Gröbsten fertig. Jedes der damals 14 Mitglieder hatte 5.000 Euro Einlage gegeben. Mit dieser Sicherheit nahm die Genossenschaft einen Baukredit auf, der voraussichtlich in etwa zehn Jahren abbezahlt sein wird. Die Institution zählt mittlerweile über 60 Mitglieder. „Gerade in den Krisenjahren 2020 und 2021 machte ihre Zahl einen großen Sprung nach oben. Da der Urlaub fern von zu Hause damals stark eingeschränkt war, überlegten sich die Leute andere, nachhaltige Anlagemöglichkeiten für ihr Geld. Unsere Genossenschaft ermöglichte dies.“
Von dem Geld, das die Mitglieder zur Verfügung stellen, bedient die Genossenschaft nicht nur den Kredit, sondern bezahlt auch die Gehälter mehrerer Angestellten vor Ort, die die Ferienwohnungen reinigen und die Gäste empfangen. Dies ist nötig, denn nur wenige Mitglieder wohnen in Waren (Müritz), die meisten sind in Berlin oder anderswo in Deutschland zu Hause. Gegenüber normalen Gästen haben die Mitglieder natürlich Vorteile, was das Wohnen im Turm anbelangt: Sie zahlen weniger Miete, müssen sich nicht an die Mindestmietdauer halten und können lange im Voraus reservieren. „Bei besonders begehrte Wochenenden wird auch schon mal ein Kontingent an Ferienwohnungen für die Mitglieder geblockt“, berichtet Jan Reininger. Viele Genossenschaftler sind Leute, die als Gäste im Turm gewohnt haben und das Konzept ansprechend finden. Jan Reininger erläutert dies: „Viele Menschen kaufen sich ein eigenes Ferienhaus, stellen dann aber fest, dass man sich darum auch kümmern muss und dass das eigentlich zu viel für sie allein ist. Wir teilen hier die Arbeit auf die verschiedenen Mitglieder auf. Diese müssen sich wiederum nicht verpflichtet fühlen, ständig hierher zu fahren, wie sie das bei einer eigenen Ferienimmobilien täten, damit sich amortisiert, was man gekauft hat. Wenn sie aber kommen, wissen sie, was sie erwartet.“
Apropos Arbeit: Mehrfach im Jahr treffen sich die Genossenschaftler in ihrem mehr als hundert Jahre alten Kleinod, um hier freiwillige Arbeit zu leisten: Die Hecke will gepflegt werden, der Rasen gemäht, kleine Ausbesserungsarbeiten stehen an. „Abends sitzen wir oft noch gemütlich zusammen, so dass bei den Einsätzen gute Freundschaften entstanden sind.“ Auch über Zukunftsvisionen spricht man dann: Die Genossenschaft plant, demnächst noch ein weiteres Objekt zu erwerben, im Berchtesgadener Land. So wird sie in Nord und Süd gut aufgestellt sein.