Gerald Klamer war 25 Jahre Förster in Hessen gewesen, als er beschloss, seinen Job zu kündigen, seine Wohnung aufzugeben und sich zu Fuß auf den Weg durch Deutschlands Wälder und Nationalparks zu machen. Auf diesen rund 6.000 Kilometern erkundete er, wie es um unsere Wälder bestellt ist und wie man der Krise des Waldes begegnen kann. Seine Impressionen stellte er am 03. November 2023 in der „Werleburg“ in Malchow vor – bei einer Live-Reportage mit dem Titel „Der Waldwanderer“.
Sie begann um 19 Uhr und wurde von der Stadtbibliothek Malchow organisiert. Gerald Klamer präsentierte dabei auch sein gleichnamiges Buch, von dem er mehrere Exemplare zum Verkauf mitgebracht hatte. Rund 50 Gäste lauschten ihm interessiert und stellten in der Pause und im Anschluss Fragen.
„Ich möchte für den Wald begeistern“ - das treibt Gerald Klamer an. Am 26. Februar startete er von Marburg aus seine Tour. Mit Temperaturen wenig über Null und Regen tat er das unter noch winterlichen Bedingungen. Im Wald schlief er in einem Schlafsack unter einer Plane. Kocher führte er keinen mit, er verköstigte sich mit „kalter Küche“. Pro Tag legte der ehemalige Förster durchschnittlich 30 Kilometer zurück. Einen Großteil seines Gepäcks machte die elektronische Ausrüstung aus – Kamera, Handy, Laptop, Powerbank. Denn wenn es der Empfang zuließ, bloggte Klamer seine Eindrücke direkt von unterwegs. Er durchquerte das Rothaargebirge, die Eifel, den Hunsrück, den Pfälzer Wald, den Schwarzwald, den Allgäu, den Bayrischen Wald, den Spessart, die Rhön, den Thüringer Wald, den Hainich, das Erzgebirge, die Sächsische Schweiz, die Königsbrücker Heide, die Gegenden um Treuenbrietzen und Lieberose in Brandenburg, den Müritz-Nationalpark, Wälder an der Ostsee, den Lübecker Stadtwald, die Lüneburger Heide, den Harz und die Gegend um den Edersee in Hessen. Nach über acht Monaten, die er im Wechsel der Jahreszeiten erlebte, gelangte er wieder nach Marburg. An vielen Orten fand er den Wald in der Krise vor, unter anderem durch den Befall des Borkenkäfers, großflächige Rodungen und klimatische Veränderungen. „Eine der Herausforderungen für die Gegenwart und Zukunft besteht darin, dass wir den fichtendominierten Nadelwald durch einen ausgewogenen Mischwald ersetzen, der mit den veränderten Bedingungen besser zurechtkommt“, sagte er in seinem Vortrag. Doch zu Waldschutz gehört für ihn noch mehr: Bodenschäden durch den Einsatz schwerer Rückemaschinen zu vermeiden, das Naturerbe Buchenwald zu bewahren, Wälder so zu bewirtschaften, dass im Idealfall mehr nachwächst, als entnommen wird, möglichst viele Waldgebiete naturnah zu gestalten oder dies der Natur selbst zu überlassen.
Auf einigen Etappen seiner Tour wurde Gerald Klamer von anderen Naturfreunden begleitet. Mehrfach traf er sich zudem mit lokalen Förstern oder Naturschützern und tauschte mit diesen Erfahrungen aus. Was seinen Bericht auch faszinierend machte, waren die kleinen Abenteuer des Alltags: Einmal musste er sich in einer Schutzhütte einer Mäuseplage erwehren, ein anderes Mal mit seiner Plane die Tür gegen den Sturm abdichten. Sein Trinkwasser schöpfte er aus Waldbächen, wo es keine gab, zapfte er Wasser oft auf Friedhöfen. „Etwa aller zehn Tage habe ich in einer festen Unterkunft übernachtet, um zu duschen und Wäsche zu waschen.“
Drei Paar Schuhe hat er auf der Wanderung verschlissen. Dabei plädiert er für normale Laufschuhe aus Stoff, weil diese schneller trocknen als lederne Wanderschuhe. Auf dem Darß weckte ihn mal ein Hirsch auf Brautschau. Als am Ende seiner Wanderung die Tage kurz wurden, musste Gerald Klamer oft schon vor Tagesanbruch los, um sein tägliches Kilometerpensum zu schaffen. „Als Kind hatte ich zwei Berufswünsche: Förster und Reiseschriftsteller. Die habe ich mir nacheinander erfüllt“, resümiert der Waldwanderer, der jetzt freiberuflich tätig ist.