Kritische Frage bringt Anregungen und Applaus
Es war gestern wieder eine Marathonsitzung, die die Stadtvertreter von Waren (Müritz) im Bürgersaal absolvierten. Pünktlich um 18:00 Uhr eröffnete Rüdiger Prehn als Präsident der Stadtvertretung die vierstündige Sitzung. Auch die Einwohnerfragestunde stand auf der Tagesordnung, die Musiker Thomas Müller, alias Tom Piano nutzte, um zu fragen: „Woher wissen Sie, sehr geehrte Damen und Herren Stadtvertreter, was für die Bürgerinnen und Bürger unserer wunderschönen Stadt Waren (Müritz) richtig und wichtig ist? Ich begründe diese Frage wie folgt: Ich sehe seit Pandemiebeginn Spaltungen in allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens in unserer Stadt: im Kollegium, in den Vereinen, in Schulen, in Freundschaften und selbst in Familien.“ Hier die gesamte Anfrage, die unerlaubten Applaus erntete:
„Ich darf mich kurz vorstellen. Ich bin Thomas Müller, 55 Jahre, seit immer Musiker, 32 Jahre war dies mein Beruf. Ich berufe mich hier und jetzt auf §17 (1) der aktuellen Kommunalverfassung für das Land MV vom 13. Juli 2011 zum Thema Fragestunde, Anhörung, in dem uns Bürgern, neben der Möglichkeit Fragen zu stellen, auch das Recht gewährt wird, Anregungen und Vorschläge zu unterbreiten. Ich frage und rege an sowohl in meinem eigenen als auch im Namen vieler Warener, mit denen ich in den letzten Wochen und Monaten ins Gespräch gekommen bin, ich frage und rege an im Namen von Menschen, die aufstehen in dieser Zeit.
Meine Eingangsfrage ist: Woher wissen Sie, sehr geehrte Damen und Herren Stadtvertreter, was für die Bürgerinnen und Bürger unserer wunderschönen Stadt Waren (Müritz) richtig und wichtig ist? Ich begründe diese Frage wie folgt: Ich sehe seit Pandemiebeginn Spaltungen in allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens in unserer Stadt: im Kollegium, in den Vereinen, in Schulen, in Freundschaften und selbst in Familien. Es ist die vielleicht größte Spaltung, die überhaupt jemals der menschlichen Gesellschaft widerfahren ist. Eine Spaltung in zwei große Lager, die mittlerweile nicht mehr miteinander reden, weil viele von uns offensichtlich von Angst zerfressen sind. Es gibt anerkannte Psychologen, die von einer Traumatisierung der Gesellschaft sprechen. Und da die Bewohnerinnen und Bewohner nicht mehr miteinander kommunizieren, schon gar nicht diskutieren, noch einmal die Frage: Woher wollen Sie, liebe Anwesende, wissen, was richtig und wichtig ist für unsere Stadt, für unsere Mitmenschen?
Hier ein Vorschlag, eine Anregung. Wir dürfen doch unsere Augen nicht vor dem verschließen, was neben Sars Cov2 in unserer Stadt passiert. Wir dürfen doch unsere Augen nicht vor dem verschließen, was da neben möglicher Krankheit ziemlich sicher auf uns alle zukommt: Pleitewellen, Kurzarbeit, Arbeitslosigkeit, vielleicht Wirtschafts- und Finanzcrash, eventuell sogar Armut. Deshalb unser Vorschlag: Es ist an der Zeit jedwede Parteienpolitik in Waren (Müritz) ad acta zu legen. Es ist an der Zeit, die Ideen und Vorschläge jedes einzelnen Menschen unter uns als solche zu betrachten. Fragen wir uns nur: Handelt es sich um eine gute Idee oder eben nicht? Ist diese gut für unsere Mitbürger oder eben nicht? Entwickeln wir Ideen, die wir als Mensch für gut befinden, Ideen, die aus uns herauskommen, werden wir wieder kreativ. Lassen wir Vorschläge zu, unabhängig davon, ob diese eventuell mehrheitsfähig sein könnten und unabhängig davon, von welcher Partei oder politischen Initiative sie entwickelt worden sind. Richten wir unseren Blick auf das Wesentliche: auf die Idee, auf den Vorschlag.
Wenn wir uns die Frage stellen: ‚Wie können wir Vertrauen und Gesprächsbereitschaft zurückgewinnen?‘, um zu erfahren, was für unsere Bürgerinnen und Bürger dieser wunderschönen Stadt wichtig und richtig ist, ergibt sich folgende Anregung: Handeln wir alle bitte in dieser schweren Zeit ausschließlich in unserer Eigenschaft als Mensch. Denn es ist die Menschlichkeit, die uns alle verbindet. Bleibt die entscheidende und abschließende Frage: Sind Sie, sehr geehrte Damen und Herren Stadtvertreter, dazu bereit?“
Nach knapp fünf Minuten Stille und gespanntes Zuhören hallte Applaus von den Gästereihen durch den Warener Bürgersaal. Diesen musste Rüdiger Prehn unterbrechen: „Applausbekundungen sind nicht erlaubt“, so der Präsident der Stadtvertretung, der aber auch kurz mündlich antwortete.
„Wir alle sind ein Teil von Gemeinschaften. Es geht nicht um Parteizugehörigkeit. Wir haben Familie, Beruf, Sport und nutzen dies für Gespräche. Zudem gibt es einmal im Monat einer Bürgersprechstunde sowie den direkten Kontakt zu den Stadtvertretern. Wir praktizieren nicht nur parteilich, das haben wir bewiesen“. So Rüdiger Prehn kurz. Gleichzeitig versprach er, detaillierte in schriftlicher Form zu antworten.