Sekt oder Selters – der Nachlass entscheidet
Noch nie wurde so viel Vermögen an die nächste Generation weitergereicht wie heute. Allerdings profitiert von diesem Trend nur eine Minderheit – die Masse geht weitgehend leer aus, wie eine britische Studie zeigt.
Grundsätzlich wird immer mehr Vermögen vererbt
Das Londoner Institute for Fiscal Studies (IFS) hat in einer diesjährigen Studie untersucht, was der stete Anstieg des vererbten Kapitals bei stagnierenden oder sinkenden Einkommen in Großbritannien für die jeweilige Erbengeneration bedeutet.
Dabei fanden die Briten zunächst heraus, dass in den Sechzigerjahren Geborene sich auf eine Erbschaft freuen können, die im Durchschnitt neun Prozent ihres Lebenseinkommens ausmacht. Diese Zahl steigt weiter an: Wer in den Achtzigerjahren das Licht der Welt erblickte, kann mit durchschnittlich 16 Prozent Vermögen aus einem Erbe rechnen.
So weit, so gut: Generell betrachtet dürfen sich die Millennials und die Generation Z also im Durchschnitt über einen warmen Regen freuen, der ihnen von ihrer Elterngeneration hinterlassen wird. Etwas genauer betrachtet sieht das für die meisten Vertreter dieser Altersgruppen allerdings anders aus.
Nur wer viel erbt, wird noch reicher
Die IFS-Experten haben nämlich herausgefunden, dass das gesamte Vermögen einer Erbengeneration immer mehr vom Kapital der Elterngeneration und immer weniger vom eigenen Einkommen bestimmt wird, das bei den meisten nicht steigt oder sogar abnimmt.
So entsteht eine Kluft zwischen denen, die reich erben, und denen, die leer ausgehen. Erben haben es umso leichter, Vermögen für ein gutes Leben zu vermehren, während Nicht-Erben es immer schwerer haben, sozial aufzusteigen und dabei etwas auf die hohe Kante zu legen.
Laut den Berechnungen der IFS-Studie verbesserten die in den Sechzigern Geborenen aus ärmeren Familien ihr Lebenseinkommen durchs Erben um zwei Prozent, bei den Kindern reicher Familien waren es 17 Prozent. Bei den in den Achtzigerjahren Geborenen haben die Ärmeren etwas mehr vom Erben – ihr gesamtes Lebenseinkommen steigt dadurch um fünf Prozent. Die Erben aus wohlhabenden Familien in derselben Altersgruppe bringen es hier auf ein Plus von satten 29 Prozent.
Und das ist noch nicht alles: In der Realität müssen die Ärmeren ihre Lebenshaltungskosten, ihre Mieten oder den Hauskauf von ihren stagnierenden Gehältern bezahlen. Das koppelt sie noch mehr vom Lifestyle der vermögenden Erben ab, denen das Bestreiten der laufenden Kosten ungleich leichter fällt.
Junge Sparer werden zunehmend zu Anlegern – mit persönlichem Beratungsbedarf
Das Ungleichgewicht beim Erben ist nicht das einzige Problem, das die Altersgruppen der Millennials und der Generation Z europaweit haben. So wird zum Beispiel die gesetzliche Rente in Deutschland aufgrund des demografischen Wandels zukünftig immer geringer ausfallen, und konventionelle Sparformen wie das Sparbuch oder das Festgeld werfen kaum noch Zinsen ab.
Wer dann nicht auf eine reiche Erbschaft hoffen kann, muss sich für seine private Altersvorsorge etwas einfallen lassen. Immer mehr junge Anleger finden so den Weg an die Börse, wie eine unlängst veröffentlichte Studie des Neobrokers BUX zeigt. Die europaweit agierende Investment-Plattform konnte im ersten Halbjahr 2021 allein bei ihren Kunden aus der Generation Z ein Plus von 112 Prozent gegenüber dem Jahr 2020 verzeichnen. Bei den Millennials waren es sogar 118 Prozent.
Dabei haben viele junge Sparer in Deutschland einen erhöhten Beratungsbedarf. Kein Wunder, denn Finanzwissen wird an unseren Schulen praktisch kaum gelehrt. Interessant ist dabei, dass gerade die Vertreter der Millennials und der Generation Z das persönliche Gespräch suchen, obwohl sie hauptsächlich im Internet unterwegs sind.
Das zeigt eine Umfrage des Finanzdienstleisters tecis: In ihr geben 60 Prozent der 18- bis 39-jährigen Umfrageteilnehmer an, dass der Termin bei ihrer Finanzberaterin oder ihrem Finanzberater absoluten Vorrang vor allen anderen Finanz- und Wirtschafts-Informationsquellen hat.
Für 44 Prozent der in der tecis-Studie Befragten dient das Gespräch als hauptsächliche Grundlage, wenn es um Finanzfragen geht. 34 Prozent der Teilnehmer erwarten von ihrem Berater, dass er sie vollständig und transparent über sämtliche Finanzlösungen informiert, die für sie infrage kommen, um sich unbeeinflusst zu entscheiden. An der tecis-Umfrage nahmen 5.069 Probanden teil, Umfragezeitraum war der November 2020.