Tango tanzen in Röbel/Müritz
Tango lernen mit Grete Weingart aus Röbel/Müritz
Grete Weingart aus Röbel/Müritz tanzt und unterrichtet Tango – mit Leidenschaft. Vor knapp zehn Jahren entdeckte sie den argentinischen Tanz, der sie seitdem nicht mehr loslässt. In diesem Sommer bietet sie tanzbegeisterten Einheimischen und Touristen erstmalig eine Milonga auf einer improvisierten Tango-Tanzfläche unter freiem Himmel an: den „SeetanGo“ am Hafen Röbel, der bei gutem Wetter an jedem Dienstagabend stattfindet. „Hier Tango zu tanzen, war mein Traum. Ich habe ihn mir wahrgemacht.“
Der Tango begegnete Grete Weingart, als sie ihn dringend brauchte. Sie betrieb beruflich eine Pension in Wredenhagen, steckte aber privat in einer Lebenskrise. „Ich suchte damals einfach nach etwas, das mir guttat. Zufällig sah ich bei einem Besuch in Berlin, das lange meine Wahlheimat gewesen war, auf der Spreeuferpromenade abends Tangopaare tanzen.“ Die ganze Nacht saß Grete Weingart auf den Stufen in der Nähe und schaute zu. „Ich fand das faszinierend: Die Leute kennen sich vorher nicht, finden sich aber scheinbar zufällig zu Paaren zusammen, die sich dann harmonisch miteinander bewegen.“ Gleich nach ihrer Rückkehr in die Pension recherchierte die geborene Kyritzerin nach Tangounterricht und absolvierte danach nacheinander mehrere Grundkurse in Berlin, um die Schritte und Bewegungen zu verinnerlichen. Sie studierte dabei, um den Tanz noch besser zu verstehen, sowohl die Frauen- als auch die Männerrolle ein.„Oft fuhr ich in dieser Zeit – das war so um 2015 – abends nach Berlin zum Tanzen und nachts wieder zurück nach Wredenhagen, damit ich den Gästen früh pünktlich das Frühstück servieren konnte.“ Die Tango-Euphorie trug Grete Weingart so sehr, dass sie in solchen Nächten mit zwei oder drei Stunden Schlaf auskam. „Für mich ist dieser Tanz die pure Lebensfreude. Da zahlreiche größere Städte über eine Tango-Szene verfügen, kommt man darüber überall schnell mit Menschen zusammen.“ Ebenso, wie sie es vor fast zehn Jahren am Spreeufer in Berlin gesehen hat, erlebt es Grete Weingart selbst immer wieder neu: „Man hält einen Menschen im Arm und schaut, ob man sich über die Körpersprache und die Bewegungen als Tanzpaar findet.“ Mit der Lebensfreude, die der Tango für sie symbolisiert, hat ihr jetziger Beruf weniger zu tun. Grit Weingart – das ist der Name, der in Grete Weingarts Ausweis steht – ist seit rund fünfzehn Jahren als freie Trauerrednerin tätig. Dabei kommt ihr zugute, dass sie in jüngeren Jahren lange bei Theater und Fernsehen gearbeitet hat, unter anderem am Theater Stendal und an der Berliner Volksbühne. Dieses Leben war aber wenig familientauglich.
In der Zeit, als Weingart ihre drei Kinder bekam, zog sie in die Mecklenburgische Seenplatte, lebte zunächst in Schwarzenhof und Groß Plasten, bevor sie nach Wredenhagen kam. „Als ich in diesen Jahren als Märchenerzählerin für Kinder und Erwachsene auftrat, habe ich dafür meinen Spitznamen aus der Schulzeit, Grete, als Künstlernamen gewählt.“ Für mehrere Jahre führte sie die Pension und rettete sie aus der finanziellen Krise, bis die Besitzer das Objekt verkauften. Inzwischen waren die Kinder aus dem Haus. Grete Weingart entschloss sich dennoch, in der Gegend zu bleiben. „Röbel ist einfach so idyllisch und freundlich“, sagt sie. Für ihren Tanz ist Grete Weingart 2018 auch nach Buenos Aires gereist, in die Tango-Stadt schlechthin. „In dem Monat, den ich dort verbrachte, habe ich mir jeden Tag auf den einschlägigen Homepages offene Tango-Klassen gesucht. Irgendwie funktionierte es, obwohl ich kein Spanisch spreche. Mehrfach fand ich dabei wahre Perlen – Kurse am Vormittag bei echten Tango-Koryphäen.“ In diesen vier Wochen nahm die Wahl-Mecklenburgerin nicht nur an Kursen teil, sondern wandte ihre Kenntnisse auch in den Tanzlokalen bei den abendlichen Milongas an. Denn nur so versteht und verinnerlicht man diesen Tanz wirklich, meint sie. Weil sie auch ihre Heimatstadt mit dem Tango-Fieber anstecken möchte, bietet sie seit 2022 über den Kulturverein Röbel Unterricht an, der über Spenden bezahlt werden kann. Mittlerweile hat sich eine Truppe von knapp zwanzig Leuten zusammengefunden, die regelmäßig zu ihren Kursen in die Synagoge Röbel kommen. Am 2. September geht es dort nach der Sommerpause wieder los. Mit dem Tango am Röbeler Hafen, der am 30. Juli zum ersten Mal stattfand, hat Grete Weingart ein persönliches Wunschprojekt realisiert.
„Ich habe davon geträumt, hier am See Tango zu tanzen, und ich mache es jetzt.“ Für den „SeetanGo“ breitet die Tänzerin und Tanzlehrerin jeden Dienstagabend bei gutem Wetter direkt am Wasser vier bunte LKW-Planen als improvisierte Tanzfläche aus, streut ein wenig Puder darauf, damit die Schuhsohlen besser drehen können, und schaltet kurz nach sechs Uhr die Musik an, die sie auf einer „playlist“ zusammengestellt hat. Eine Vorschrift für Kleidung und Schuhe gibt es nicht. Dennoch haben sich die meisten der Tänzer, die bei der dritten Veranstaltung am 13. August nach und nach eintreffen, tangogerecht gekleidet. Grete Weingart nickt einigen Mitgliedern ihrer regulären Truppe zu und begrüßt Touristen, die dazustoßen. Die „Wiederholungstäter“ unter ihnen schwärmen noch vom letzten Mal, als sie drei Stunden über die Tanzfläche schwebten und diese wie im Flug vergingen. Ringsum saßen Leute und applaudierten nach jedem Tanz. Grete Weingart bewegt sich ebenfalls über die Fläche, wechselnd mit männlichen und weiblichen Partnern. Da es sich um freies Tanzen handelt, korrigiert sie die anderen Tänzer nicht. In die Rolle der Tanzlehrerin schlüpft sie erst wieder ab September in Röbel und auch in Wittstock, gemeinsam mit ihrer Kollegin Sabine Schattschneider aus Neuruppin.