Schenkungen vom Künstler Sieghard Dittner
Kunstvoller Nachlass aufgearbeitet - „Die 50-er fehlen“
Im Sommer 2024 wäre der Künstler Sieghard Dittner 100 Jahre alt geworden. Seinen Nachlass besitzt seit einigen Jahren die Stadt Malchow. „Nach der Übergabe war die Stadt plötzlich im Besitz einer zahllosen Menge an Bildern, Zeichnungen, Keramiken und weiteren Kunstwerken“, sagt Bürgermeister René Putzar in seinem Grußwort zum Katalog, der anlässlich des runden Geburtstags des Künstlers entstand. Damals musste man zunächst alles gut verwahren – in dem Haus auf dem Kloster, wo Dittner gewohnt hatte, und im Kunstmuseum, das nur einige Minuten entfernt davon liegt. Die Erfassung und Aufarbeitung des Nachlasses hatten zu warten. Kurz vor dem hundertsten Geburtstag Dittners begann eine Gruppe im „Förderverein Kulturzentrum Kloster Malchow e. V.“, gemeinsam mit dem Kunstmuseum das Material zu sichten, zu erfassen und aufzuarbeiten. „Ein erster Blick ergab, dass wir ein unübersichtliches Konvolut an unterschiedlichsten Arbeiten besaßen, scheinbar ungeordnet abgelegt in Kisten und Kartons, Schränken und auf elektronischen Speichermedien“, so der Bürgermeister weiter.
Die Erschließung von Dittners Nachlass wird dadurch nicht einfacher, dass der Künstler weder ein Verzeichnis seiner Werke noch umfangreiche Erläuterungen zu ihnen und zu ihrem Entstehungshintergrund hinterlassen hat. Bei zahlreichen Artefakten ist auch kein Titel oder Jahr angegeben. Sie sollten für sich selbst wirken. Kopf der „positiv Verrückten“, wie es René Putzar formuliert, also der Dittner-Arbeitsgruppe im Förderverein, ist Ulrich Stienen. Noch. Denn am 28. Oktober übergab er, der über drei Jahre die Gruppe der Ehrenamtlichen geleitet hatte, den symbolischen Staffelstab für die Forschung an Ramona Stein. Bei der Veranstaltung dazu im großen Saal des Rathauses Malchow zog Stienen ein Resümee seiner über dreijährigen Tätigkeit: „Wir haben eine Schneise ins Erbe Dittners geschlagen.“ Die Forschungsergebnisse kann man im Museum selbst betrachten, aber auch im Katalog „Sieghard Dittner – Multitalent und Sozialist“, der zum Geburtstag des Künstlers entstand. „Der Katalog wird demnächst in einer ergänzten Version erscheinen, weil wir fortlaufend Neues herausgefunden haben“, erzählte Ulrich Stienen. Nicht nur die Erkenntnisse über Sieghard Dittner wachsen ständig an, sondern es steigt auch die Zahl der möglichen Exponate – durch Schenkungen. So übergab dieses Jahr zum Beispiel ein Spender ein Skatspiel mit Sagenfiguren aus Mecklenburg an das Museum, die der Künstler entworfen hatte. Auch eine Reihe Zeichnungen, die im Handdruckverfahren hergestellt wurden, ein abstraktes Werk und die Grafik einer alten Frau sind nun neu im Besitz der Einrichtung.
Die Geber wollen meist anonym bleiben. Besonders wichtig für Ulrich Stienen ist eine Kugel aus Keramik: Vier Exemplare davon schuf Dittner nach der Raumfahrt Sigmund Jähns und seines sowjetischen Kollegen Waleri Bykowski. Ihre Namen sind darauf zu lesen. „Dittner wurde damals beauftragt, ein Kunstwerk zu schaffen, um sie bei ihrer Tour durch die DDR öffentlich ehren zu können“, berichtete Ulrich Stienen. „Es gibt sogar ein Foto von der Übergabe der Kugel in Neubrandenburg.“ Und ein Vorentwurf zu der Kugel läge bereits im Museum. Generell sei es wichtig, dass der Museumsbestand Dittners Schaffen über Jahre und Genres hinweg repräsentiere: „Hier in Malchow fehlen jedoch die Werke aus den 1950-er Jahren. Falls uns jemand etwas aus dieser Zeit zukommen lassen möchte, könnten wir im Gegenzug Artefakte aus unserem Fundus anbieten“, sagte Stienen. Vor allem Kartenspiele, illustrierte Tiergeschichten oder Plakate aus den 80-ern seien mehrfach vorhanden. Ulrich Stienen und seine Mitstreiter haben unzählige Stunden in Dittners Nachlass investiert. Er selbst beendet dieser Tage seine Forschungsarbeit vor Ort, weil er ins Ausland ziehen wird. „Ich bleibe aber natürlich im Hintergrund erhalten.“ Zu Beginn des kommenden Jahres wird Stienen seine Dokumentation zu Sieghard Dittner offiziell an die Stadt Malchow übergeben. „Meines Wissens hat sich bisher keiner so detailliert mit dem Werk dieses Künstlers befasst“, lobte René Putzar. Doch auch Nachfolgerin Ramona Stein hat eine besondere Beziehung zu Dittner: Sie wohnt in dem Gebäude, wo er und seine Ehefrau Vilja lange zu Hause waren, und kümmerte sich um den Teil des Nachlasses dort.