Stuttgarter Künstler Dagmar Korintenberg und Wolf Kipper gewinnen Wettbewerb
Nun steht fest, wie das Mahnmal, das in Waren (Müritz) an die Friedliche Revolution von 1989 erinnern soll, aussehen wird. Die Jury unter Leitung des ehemaligen Präsidenten des Bundesamtes für Bauwesen und Raumordnung, Florian Mausbach, entschied sich für den Entwurf: „Perspektiven zur Freiheit“ der Stuttgarter Künstler Dagmar Korintenberg und Wolf Kipper.
"Ich freue mich sehr, dass die Friedliche Revolution vor 30 Jahren nun in Waren (Müritz) einen neuen Erinnerungsort erhält. Der Denkmal-Entwurf, der den Wettbewerb gewonnen hat, zeichnet sich dadurch besonders aus, dass er einlädt zur Auseinandersetzung und zur Diskussion“, kommentiert Kulturministerin Bettina Martin die Entscheidung. „Das ist gut so, denn dieses aktive Gedenken an den Aufbruch in Freiheit und Demokratie im Jahr 1989 regt uns an, auch über unser demokratisches Miteinander heute nachzudenken und darüber ins Gespräch zu kommen. Ich danke der Jury für diese gute Entscheidung und bin gespannt auf die Umsetzung."
Fünf Preisrichter entschieden über die zehn eingereichten Wettbewerbsarbeiten, die im Rahmen einer Plakataktion in den letzten Wochen landesweit öffentlich präsentiert worden waren. Auch bei den Rückmeldungen der Bürgerinnen und Bürger, die im Rahmen der Ausstellung der Wettbewerbsbeiträge vorab gesammelt worden waren, hatte dieser Entwurf einen der vorderen Plätze belegt.
„Die begehbare Installation aus Stelen und Tafeln mit Losungen der Friedlichen Revolution ist eine sehr zeitgemäße künstlerische Antwort auf die Wettbewerbsaufgabe. Sie weckt Neugier, bietet Informationen, lädt zum Erinnern wie auch mit Sitzgelegenheiten zum Verweilen ein. Die Stelen und Tafeln assoziieren in ihrer großen Zahl eine friedliche Demonstration mit Transparenten“, begründet Jurychef Mausbach das Votum für das Werk des Künstlerduos Korintenberg und Kipper. „Im Blick nach oben zum freien Himmel erscheinen die Parolen der Friedlichen Revolution in ausgestanzter Schrift auf rechteckigen Tafeln. Sonnenlicht lässt Schatten spielen und Schrift spiegelt sich auf dem Boden. Das Erinnerungszeichen hat mit seinen authentischen Losungen einen didaktischen Anspruch ohne den Zeigefinger zu heben. Es lockt mit seiner Offenheit und Leichtigkeit zu Austausch und Begegnung und eröffnet „Perspektiven zur Freiheit“.
Der Entwurf „Geöffneter Schlagbaum“ von Sven Armin Domann lag auf Platz 2 und der Entwurf „Tore“ von Barbara Wetzel auf Platz 3. Der Siegerentwurf wird der Öffentlichkeit im Rahmen der Festveranstaltung des Landtags „30 Jahre Friedliche Revolution“ am 16. Oktober 2019 in Waren (Müritz) präsentiert.
Das Mahnmal geht zurück auf ein Konzept, das der Landtag Mecklenburg-Vorpommern zum Gedenken an die Friedliche Revolution verabschiedet hatte. Unter anderem sieht es die Errichtung eines Erinnerungszeichens am zentralen Gedenkort in Waren (Müritz) auf dem Platz vor der Sankt-Georgenkirche vor.
Die Landeszentrale für politische Bildung hatte deshalb gemeinsam mit der Landesbeauftragten für Mecklenburg-Vorpommern für die Aufarbeitung der SED-Diktatur einen künstlerischen Wettbewerb ausgelobt.
Zum Projekt, das in Waren (Müritz) ausgestellt wird
AUSSAGEN
Durch die ausgelaserte Schrift der rechteckigen Tafeln kann das Sonnenlicht hindurchbrechen. Hebt man den Blick, sieht man die Parolen der Friedlichen Revolution direkt über den Köpfen der Besucher*innen – die Schrift gibt hier ausschnittsweise den Blick auf den Himmel frei. Diese Sicht in das Himmelsblau und die vorbeiziehenden Wolken symbolisiert die Sehnsucht nach unbegrenzter Freiheit, die sich in vielen Forderungen der Friedlichen Revolution widerspiegelte. Scheint die Sonne, entsteht ein Schattenwurf auf der Bodenfläche, der die Umrisse vieler dicht zusammenstehender Banner zeigt und einzelne Parolen erkennen lässt. Diese Schatten wandern mit der Sonne, bewegen sich so durch den öffentlichen Raum und erobern sich je nach Sonnenstand auch Bereiche, die außerhalb der vorgesehenen Wettbewerbsfläche liegen – wie sich auch die Protestierenden schrittweise den öffentlichen Raum zu Eigen gemacht haben. Diese unterschiedlichen Bilder und Leserichtungen des Erinnerungszeichens stehen exemplarisch für die Vielfalt der Forderungen und Bedürfnisse der Demonstrierenden von 1989, die unter dem Oberbegriff der „Freiheit“ zusammengefasst werden können.
RAUM FÜR BEGEGNUNG
Das Erinnerungszeichen möchte durch seine Ausdehnung den Bürger*innenund Besucher*innen von Waren keinerlei Fläche wegnehmen. – Es schafft vielmehr einen neuen Aufenthaltsort mit vielschichtigen Qualitäten: Die Parolentafeln bilden in ihrer Anordnung eine Struktur durch die man sich hindurchbewegen kann und die Schatten spendet. Sitzmöglichkeiten laden zum Verweilen ein um im Dialog, der Betrachtung der Schattenspiele oder mit dem Blick in den Himmel dem Geist der Friedlichen Revolution nachzuspüren. Zur weiterführenden Information können bei Bedarf QR-Codes an den Unterseiten der Tafeln angebracht werden, die eine Anbindung zu einem angegliederten Online-Angebot bieten. So entsteht ein vielfältig erlebbares, sprachliches wie bildhaftes Panorama an Bedürfnissen und Forderungen, dass eine Vorstellung vermittelt, weshalb die Menschen damals trotz aller Risiken gemeinsam den Weg in die Öffentlichkeit beschritten. Das Denkmal lädt zur Teilhabe ein und wird somit ein Ort des Dialogs, der von den mutigen Forderungen der Friedlichen Revolution 1989 überdacht wird. Ausgehend von den historischen Texten wird die Relevanz dieser Themen für eine friedliche und freie Gesellschaft damals, heute und morgen verdeutlicht und immer wieder aufs Neue in Erinnerung gerufen.
Das Erinnerungszeichen entwickelt sich parallel zur Längsachse der Kirche St. Georgen. Es besteht aus 17 Metallplatten in zwei Formaten, die zwischen 52 Rundrohrstützen platziert sind. Die Verbindung wird über in den Rohren positionierte Gewindehülsen aus Edelstahl erreicht und ist somit nicht sichtbar. Die Schrift wird aus den Platten ausgelasert. Die größeren Platten sind in der Aufsicht seitenrichtig positioniert, um im Schattenwurf eine seitenrichtige Schrift darzustellen. Die kleinen Platten werden in der Untersicht lesbar positioniert, um unter diesen mit nach oben gerichtetem Blick seitenrichtige Texte zu erhalten. Alle sichtbaren Oberflächen werden weiß pulverbeschichtet.
DIMENSIONIERUNG UND MATERIALIEN GEMÄSS STATISCHER ANFORDERUNGEN: Plattenformate: (ALMgSi 0,5 F22)11 Stk. klein: 800 x 550 x 5 mm6 Stk. groß: 1150 x 800 x 5 mm Stützen: (ALMgSi 0,5 F22)52 Stk. 3050 (3550) x ø30 x 3 mm Sitzflächen: (Stahlblech, gekantet)5 Stk. 800 x 550 x 30 mm