Bei den Orgelmatineen des Mecklenburgischen Orgelmuseums Malchow in der Sommersaison lassen Gastorganisten die „Königin der Instrumente“ in der Klosterkirche erklingen. Sie wohnen in einer eigens dafür angemieteten Wohnung in der Malchower Mühlenstraße und spielen an einem Sonntagmittag – oder an zwei aufeinanderfolgenden Sonntagmittagen vor Publikum. So war es auch bei dem Organisten Tobias Naumann, der in Dänemark lebt und arbeitet. Das Besondere: Er trat gemeinsam mit seiner Frau Yulianna Bawarska auf, die vom Operngesang zum Orgelspiel gewechselt ist.
Ein variationsreiches Orgelprogramm versprach Friedrich Drese, Leiter des Mecklenburgischen Orgelmuseums Malchow, den anwesenden dreißig bis vierzig Musikliebhabern, die am 3. September im Gestühl der Klosterkirche Platz genommen hatten. Kurz nach halb zwölf schritt dafür nicht nur Tobias Naumann, dessen Name in ursprünglichen Veranstaltungsankündigung zu lesen war, zu einer der Orgeln, sondern noch eine zweite Person: Yulianna Bawarska. In der folgenden Stunde bewegten sich die beiden Organisten nach einer Art Choreografie durch die beiden Ebenen der Kirche. Denn sie spielten wechselnd sechs der Orgeln und zwei andere Instrumente: Das Programm begann an der Lütkemüller-Orgel von 1882 mit der „Siciliana“ aus „Sonata quarta“ von Franz Anton Maichelbeck, einem Komponisten aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts, und endete an der großen Friese-Orgel von 1890 auf der Empore mit einem Stück von Theodore Dubois, der von 1837 bis 1924 lebte: „Toccata G-Dur“ aus „12 Piéces pour orgue“. Vier andere größere und kleinere Orgeln in der Kirche kamen in der Zwischenzeit zum Einsatz, unter anderem für eine Komposition des großen Meisters Johann Sebastian Bach und ein Stück von Andreja Andric, geboren 1973 und bekannt mit Yulianna Bawarska und Tobias Naumann: „Motetus“, von 2023, war sogar eine Uraufführung! Neben den Orgeln spielten die beiden Künstler auch auf zwei im weiteren Sinne artverwandten Instrumenten, einem Harmonium und einer Celesta. Dies ist ein Aufschlaginstrument, das äußerlich einem Klavier ähnelt und dessen Klang an ein Glockenspiel erinnert. Kein Wunder also, dass auf der Celesta „Klokkerne“, zu deutsch „Die Glocken“ erklang, ein Stück des dänischen Komponisten Niels Wilhelm Gade, das Yulianna Bawarska besonders am Herzen liegt. Nachdem das Publikum das hochwertige Programm mit begeistertem Applaus gefeiert hatte, erklommen die Organisten für eine Zugabe noch einmal die Empore.
Yulianna Bawarska und Tobias Naumann arbeiten nicht nur künstlerisch zusammen, sondern sind auch miteinander verheiratet und leben seit einem reichlichen Jahr gemeinsam in Dänemark. „Meine Frau hatte zunächst in Arhus einen Vertrag als Opernsängerin unterschrieben und fragte mich, ob ich nicht in der Nähe eine Stelle antreten könnte“, berichtet Tobias Naumann, der eigentlich aus Saarbrücken stammt. Mittlerweile ist er als Organist in Thisted im Norden Dänemarks angestellt, Yulianna Bawarska, die seit rund zwanzig Jahren nebenberuflich die Orgel spielt, im gleichen Beruf im Nachbarpastorat. Bei den Orgelmatineen, zu denen das Orgelmuseum Gastorganisten aus Deutschland und den Nachbarländern einlädt, sind die beiden zum ersten Mal zu Gast. „Seit dem letzten Sonntag und bis zum kommenden Sonntag wohnen wir hier in der Gästewohnung in der Mühlenstraße“, erzählt Yulianna Bawarska. In dieser Zeit bestreiten sie vor allem die beiden Auftritte bei den Matineen am 3. und 10. September. Aus einem großen Repertoire haben sich die Künstler „mit der Stoppuhr in der Hand“ eine Abfolge von Stücken zusammengestellt, die auf rund sechzig Minuten kommt. Auch die Wechsel von einem Instrument zum anderen müssen sie dabei natürlich „einpreisen“. Das ist eher ungewohnt, denn normalerweise spielt ein Organist nur an einer Kirchenorgel. Für den 10. September werden sie ein wenig variieren und andere Werke präsentieren. In der Woche dazwischen können sie in Ruhe an den verschiedenen Instrumenten der Klosterkirche üben, die zum Mecklenburgischen Orgelmuseum gehört. Den Aufenthalt in Malchow bei dem schönen Spätsommerwetter genießen Tobias Naumann und Yulianna Bawarska. „Mir gefällt die Architektur hier. Wir haben bereits mehrere Kirchen, Schlösser und Gutshäuser angeschaut und natürlich auch die Orgeln, wo es welche gibt, wie in Basedow“, erzählt die Organistin. Tobias Naumann erlebte die Rückkehr in sein Herkunftsland mit gemischten Gefühlen: Die Natur rund um Malchow mit ihrer vielfältigen Tier- und Pflanzenwelt findet er faszinierend. Doch das Land selbst betrachtet er mit einem kritischen Auge, meint er: „Wenn wir zum Beispiel über die Dörfer fahren, sehen wir den Leerstand, den es dort seit längerer Zeit gibt. Das macht mich nachdenklich. In Dänemark gibt es diesen Missstand in dieser Form nicht.“