In Mecklenburg-Vorpommern sollen Niederdeutsch-Angebote in Kitas und Schulen gestärkt werden. Darauf haben sich die Landesregierung und der Beirat für Niederdeutsch und Heimatpflege in einer außerordentlichen Sitzung verständigt. Das Land erhält dazu erstmalig eine „Niederdeutsch-Botschafterin“, um das kulturelle Erbe weiter zu pflegen, die Angebote bekannter zu machen und besser ins Land zu tragen. Die Schülerin Jette Bolz vom Goethe-Gymnasium Demmin wird diese Aufgabe übernehmen. Bildungsministerin Simone Oldenburg und Kulturstaatssekretärin Susanne Bowen haben ihr heute den Ehrentitel verliehen.
„Die niederdeutsche Sprache lebt, wenn sie gesprochen wird. Jette Bolz verkörpert das auf ganz besondere Weise. Sie selbst ist begeisterte Plattsnackerin und zeigt damit, dass auch junge Menschen Freude an der Niederdeutschen Sprache haben können“, sagte Bildungsministerin Simone Oldenburg. „Ich freue mich, dass wir sie als Botschaftern für Niederdeutsch gewinnen konnten und hoffe, dass sie durch ihr Engagement auch andere junge Menschen für das Niederdeutsche begeistert. Wir wollen die Niederdeutsch-Angebote durch die Zertifizierung von ‚Plattsnacker-Kitas‛ ausbauen, den Nachwuchs fördern und bereits die Lütten spielerisch an die niederdeutsche Sprache heranführen. Außerdem soll gemeinsam mit dem Heimatverband MV ein Unterstützungssystem außerschulischer Lernpartner und Lernorte aufgebaut werden“, so Oldenburg.
„Das Engagement von Jette Bolz mit dem Titel einer ‚Botschafterin für Niederdeutsch‛ zu ehren, unterstreicht das Bestreben der Landesregierung, Niederdeutsch als Teil unseres kulturellen Erbes lebendig zu halten. Es braucht die Begeisterung junger Menschen, um Niederdeutsch in die Zukunft zu tragen“, sagte Staatssekretärin Susanne Bowen. „2024 wird ein großes Jahr für diese Art der Heimatpflege und den Heimatverband MV, der im 150. Todesjahr von Fritz Reuter hier besondere Akzente setzen kann. Fritz Reuter ist einer der Väter der neuen niederdeutschen Literatur und die langjährige engagierte Arbeit zur Bewahrung seines Werkes, allen voran in der Reuterstadt Stavenhagen, wird in 2024 von vielen Highlights geprägt sein“, so Bowen.
„Plattdeutsch in den Alltag und damit stärker ins Bewusstsein bringen, ist eine unserer Aufgaben“, sagte der Vorsitzende des Heimatverbandes MV, Dr. Martin Buchsteiner. Mit vielen Initiativen, wie den Plattdeutschen Ortszusatzschildern oder den Plattdeutschen Wochen, die 2024 bereits zum 4. Mal stattfinden, sei es gelungen, die Plattdeutsch-Akteurinnen und Plattdeutsch-Akteure im Land zu vernetzen und die Sprache sichtbarer zu machen, freut sich Buchsteiner und hofft über den Ausbau des Unterstützungssystems für Kitas noch mehr Menschen, Kinder wie Eltern, für das Niederdeutsche zu begeistern.
Neben der Verleihung des Ehrentitels „Botschafterin für Niederdeutsch“ haben sich die Landesregierung und der Beirat für Niederdeutsch und Heimatpflege in der außerordentlichen Sitzung auf folgende Aktivitäten und Projekte verständigt:
- Aufbau eines Unterstützungssystems außerschulischer Lernpartner und Lernorte
Das Land und der Heimatverband MV wollen Vereine und Museen mit Niederdeutschbezug sowie Plattsnackerinnen und Plattsnacker gewinnen, um die Zusammenarbeit mit den Schulen zu verstärken.
- Förderprogramm von Profil-Kitas „Plattdeutsch“ ab dem Schuljahr 2024/2025
Vom kommenden Schuljahr an können Kitas mit Niederdeutsch-Angeboten zertifiziert werden. Dazu legt das Land ein Förderprogramm auf. Grundlage für die Zertifizierung ist ein Katalog, den Landesregierung und der Beirat für Heimatpflege und Niederdeutsch erarbeiten. Die Profil-Kitas erhalten eine finanzielle Unterstützung.
- Plattdeutsche Wochen stärken
Die Plattdeutschen Wochen des Heimatverbandes MV sollen stärker beworben werden. Für die Aktionswochen ruft der Heimatverband alle Akteurinnen und Akteure, die sich der niederdeutschen Sprache verbunden fühlen, auf, sich zu beteiligen und kleinere oder größere Programme zu präsentieren. In diesem Jahr finden die vierten Plattdeutschen Wochen statt.
In Mecklenburg-Vorpommern haben im vergangenen Schuljahr 1.791 Schülerinnen und Schüler an 51 Schulen Niederdeutsch gelernt. Davon befanden sich 348 Schülerinnen und Schüler an den Profilgymnasien mit dem Schwerpunkt Niederdeutsch. Zu den Profilgymnasien zählen das Goethe-Gymnasium Demmin, der Recknitz Campus Laage, die Reuterstädter Gesamtschule Stavenhagen und das Gymnasiale Schulzentrum „Fritz Reuter“ in Dömitz. An den Schulen mit dem Profilschwerpunkt „Niederdeutsch“ wird das Unterrichtsfach Niederdeutsch bis zu den Abiturprüfungen angeboten.
Die Grundschulen und weiterführenden Schulen werden alle zwei Jahre ermutigt, am Plattdeutschwettbewerb des Landes teilzunehmen. Bei dem Wettbewerb präsentieren Kinder und Jugendliche Prosatexte, Gedichte, Sketche oder plattdeutsche Lieder. Ausgerichtet wird der Wettbewerb durch das Ministerium für Bildung und Kindertagesförderung. Am 14. Plattdeutschwettbewerb im Schuljahr 2019/2020 wollten 390 Schülerinnen und Schüler teilnehmen. Er musste jedoch wegen der Corona-Pandemie abgesagt werden. Am 15. Plattdeutschwettbewerb im Schuljahr 2021/2022, der wegen der Pandemie digital ausgetragen wurde, nahmen 196 Mädchen und Jungen teil. In diesem Jahr ist der 16. Plattdeutschwettbewerb geplant.
Das Kompetenzzentrum für Niederdeutschdidaktik an der Universität Greifswald bietet in enger Zusammenarbeit mit dem Institut für Qualitätsentwicklung (IQ M-V) des Bildungsministeriums fortlaufend Niederdeutsch-Fortbildungen für Lehrkräfte an. An den 34 Veranstaltungen im Schuljahr 2022/2023 haben 218 Lehrkräfte teilgenommen. Die Fortbildungen im Schuljahr davor verzeichneten Teilnehmerzahlen auf ähnlichem Niveau. Die Ausbildung von Niederdeutsch-Lehrkräften erfolgt an der Universität Greifswald und an der Universität Rostock.