Mecklenburg-Vorpommern setzt sich für die Weiterentwicklung der Pflegeversicherung ein und fordert die Mitwirkung der Länder bei einem der wichtigsten sozialpolitischen Vorhaben in den kommenden Jahren. Das Kabinett hat am Dienstag einen entsprechenden Entschließungsantrag für den Bundesrat verabschiedet. Das teilte Sozialministerin Stefanie Drese am Mittwoch in Schwerin mit.
„Zahlreiche Leistungsverbesserungen, begrüßenswerte höhere Löhne und die neue generalistische Pflegeausbildung haben zu erheblich steigenden Kosten innerhalb der Pflege geführt“, betonte Drese. Die Pflegeversicherung decke aber nur einen Teil dieser Kosten. In der Folge ist der finanzielle Aufwand für die Pflegebedürftigen enorm gestiegen.
Drese: „Die Reform der Pflegeversicherung ist der wichtigste Baustein für eine zukunftsfeste Finanzierung der Pflege und damit auch zur Begrenzung des Eigenanteils, der für viele Pflegebedürftige selbst nach einem langen Arbeitsleben nicht mehr aus eigenen Mitteln zu leisten ist.“
Das Eckpunktepapier des Bundesgesundheitsministeriums zur Pflegereform treffe dabei in vielerlei Hinsicht auf fachliche Bedenken und verkenne die unterschiedlichen Voraussetzungen in den einzelnen Ländern.
„Daran wird deutlich, warum die Länder endlich an den Tisch gehören, wenn es um die Erarbeitung einer guten und in allen Teilen Deutschlands funktionierenden Lösung für eine echte Weiterentwicklung der Pflegeversicherung geht“, so Drese.
Geplant ist, dass der Entschließungsantrag zur Weiterentwicklung der Pflegeversicherung aus Mecklenburg-Vorpommern am 26.3.2021 auf der Tagesordnung im Bundesrat steht.
Entschließung des Bundesrates zur Weiterentwicklung der Pflegeversicherung1. Der Bundesrat stellt fest, dass eine qualitativ gute und den pflegebedürftigen Menschen in den Mittelpunkt stellende pflegerische Versorgung bundesweit mit einem mittlerweile enorm hohen finanziellen Aufwand für die Pflegebedürftigen verbunden ist. Trotz eines zumeist langen Erwerbslebens stellt ein finanziell selbstbestimmter Lebensabend nicht mehr die Regel dar, so dass zur Pflegebedürftigkeit häufig auch noch finanzielle Zukunftssorgen hinzutreten.2. Der Bundesrat begrüßt daher grundsätzlich die Initiative „Pflegeversicherung neu denken: Eckpunkte der Pflegereform 2021“ des Bundesministeriums für Gesundheit, äußert aber zugleich erhebliche Bedenken in Bezug auf den Inhalt des Eckpunktepapiers sowie die bislang angestrengte Verfahrensweise im Rahmen des Reformprozesses.3. Eine bundesweit einheitliche Kappung des pflegebedingten Eigenanteils auf einem – dem Vorschlag des Bundesministeriums für Gesundheit folgend – ausgesprochen hohen Niveau wird zu weiter steigenden Eigenanteilen bis zum Erreichen der Kappungsgrenze auf der einen Seite und einer geringen Entlastung auf der anderen Seite des Kostengefälles in Deutschland führen. Es ist zubefürchten, dass nur ein Teil der pflegebedürftigen Menschen mit dieser Lösung eine finanzielle Entlastung erfahren wird. 4. Auch weitere Vorschläge im Eckpunktepapier des Bundesministeriums für Gesundheit bedürfen mit Blick auf bundesweit unterschiedliche Strukturen und Voraussetzungen innerhalb der Pflege für eine Anwendbarkeit in allen Ländern einer Überarbeitung. 5. Damit eine adäquate und entlastende Gesamtlösung für alle Pflegebedürftigen im gesamten Bundesgebiet etabliert werden kann, sind die Länder bereits bei der Entwicklung dieser Lösung umfassend einzubinden.6. Der Bundesrat fordert die Bundesregierung deshalb auf, die Länder intensiv in die Erarbeitung der Weiterentwicklung der Pflegeversicherung einzubeziehen und dafür ein ständiges gemeinsames Arbeitsgremium zu bilden.
Begründung: Die Weiterentwicklung einer bedarfsgerechten Pflegeversicherung, und mit ihr verbunden die Reform ihrer Finanzierung, zählt aktuell zu den dringendsten sozialpolitischen Aufgaben. Angesichts rasant steigender Kosten in der Pflege duldet diese notwendige und eng durch die Länder zu begleitende Reform keinen weiteren zeitlichen Aufschub. Die Leistungen der Pflegeversicherung sind pauschaliert und gedeckelt. Für die ganz überwiegende Anzahl der pflegebedürftigen Menschen sind diese Leistungen zur Deckung der unmittelbar mit der Pflege verbundenen Kosten jedoch nicht auskömmlich. Dies führt dazu, dass Pflegebedürftige den überschießenden Anteil an den unmittelbar pflegebedingten Kosten, der in der stationären Pflege als sogenannter einrichtungseinheitlicher Eigenanteil bezeichnet wird, selbst tragen müssen. Der einrichtungseinheitliche Eigenanteil, der im bundesweiten Durchschnitt derzeit bei etwa 830 Euro liegt, zuzüglich der weiteren einrichtungsbezogenen Kosten (Unterkunft, Verpflegung, Investitionskosten, Ausbildungsumlage) haben einen Gesamteigenanteil zum Ergebnis, der viele pflegebedürftige Menschen im gesamten Bundesgebiet finanziell stark be- und nicht selten überlastet. Das Bundesministerium für Gesundheit hat als einen Baustein für die künftige finanzielle Entlastung der pflegebedürftigen Menschen die bundesweit einheitliche Kappung des einrichtungseinheitlichen Eigenanteils in einer Höhe von 700 Euro je Monat vorgeschlagen. Eine Kappungsgrenze, die sich unweit des derzeit bundesweiten Durchschnitts bewegt, führt indes lediglich zur Verstetigung der Kosten auf einem äußerst hohen Niveau. Während diese Kappungsgrenze für viele Pflegebedürftige keine oder keine nennenswerte finanzielle Entlastung bedeutet, dürfte der einrichtungseinheitliche Eigenanteil anderenorts indes weiterhin bis zum Erreichen der Kappungsgrenze sogar steigen. Die Pflegelandschaft und Pflegestrukturen in Deutschland sind von einer großen Vielfalt und Bandbreite geprägt. Diese Bandbreite setzt sich nicht zuletzt bei den mit der Pflege verbundenen Kosten für die pflegebedürftigen Menschen fort. Vor diesem Hintergrund ist eine Gesamtlösung zu entwickeln, die den heterogenen Voraussetzungen in den einzelnen Ländern gerecht wird und infolgedessen eine deutlich spürbare finanzielle Entlastung für alle pflegebedürftige Menschen unabhängig von ihrem Wohnort etabliert. In diesem Kontext wird es auch notwendig sein, die weiteren Vorschläge des Bundesministeriums für Gesundheit an den Rahmenbedingungen zu messen und zu überarbeiten. Mit Blick auf die sehr unterschiedlichen Strukturen und Voraussetzungen innerhalb der Pflege haben die Länder der Bundesregierung bereits mehrfach eine enge und zielgerichtete Beteiligung bei der Erarbeitung einer Gesamtlösung angetragen. Im Sinne einer adäquaten Gesamtlösung fordern sie erneut von der Bundesregierung ein, intensiv an der Erarbeitung der Pflegereform mitzuwirken.