
Seit Mitte Januar ist Martin Gerecke der Bezirksschornsteinfeger im Bereich MSE-08. Das ist derjenige der 26 Kehrbezirke in Mecklenburg-Vorpommern, zu dem die Inselstadt Malchow gehört. Hier hat der Schornsteinfegermeister, der aus Rostock zugezogen ist, eine Dienstwohnung und ein Büro gemietet. „Schornsteinfeger ist ein vielfältiger technischer Beruf, bei dem man viel Kopfarbeit leistet und mit den Menschen in Kontakt kommt. Das mag ich“, sagt der 45-jährige.
Die Feuerwehr ruft man, wenn es brennt. Der Schornsteinfeger kommt, bevor es brennt. Genauer: Er sorgt dafür, dass es nur dort lodert, wo es soll. „Vor kurzem klagte ein Kunde, das Feuer in seinem Ofen brenne nicht gut. Bei meinem Besuch in seinem Haus stellte ich fest: Der Schornstein hatte einen tiefen Riss und der ganze Heizraum war bereits verqualmt. Dort musste ich die gesamte Heizanlage stilllegen lassen, denn schlimmstenfalls wäre der schadhafte Schornstein demnächst in Flammen aufgegangen und mit ihm vielleicht das ganze Haus“, berichtet Martin Gerecke. Der Kunde muss nun den Schornstein abreißen und neu bauen lassen. „Wenn ich danach bestätige, dass die Anlage technisch in Ordnung ist, kann er sie wieder in Betrieb nehmen“, fügt der Schornsteinfeger hinzu. Die beiden Arbeitsgänge, die sogenannte Feuerstättenschau, eine Art TÜV-Prüfung, ob die Anlage einwandfrei funktioniert, und die Abnahme von neuen oder erneuerten Anlagen, gehören zu Martin Gereckes Aufgaben als Bezirksschornsteinfeger. „Wir sind im Grunde Dienstleister, die Sicherheit verkaufen“, beschreibt er seine Tätigkeit innerhalb seines Kehrbezirks MSE-08. Ein weiterer wichtiger Aspekt davon ist es, das „Kehrbuch“ zu führen. Darin pflegt er vor allem seine Arbeiten und die der freien Schornsteinfeger aus seinem Kehrbezirk ein. Muss eine Heizanlage laut der Protokolle repariert werden, schreibt er einen Mängelschein. „Büroarbeit nimmt innerhalb der Aufgaben eines normalen Schornsteinfegers wie eines Bezirksschornsteinfegers viele Stunden in Anspruch. Da ich beides bin, muss ich darauf achten, die Bereiche nicht zu vermischen“, betont Martin Gerecke. Als „normaler“ Schornsteinfeger geht oder fährt er an vielen Tagen klassisch mit seinem Werkzeug von Haus zu Haus. „Nach den staatlichen Vorgaben weiß ich, wann und wie oft die Haushalte bezüglich der Überprüfung dran sind. Ich erstelle mir dann einen Plan und melde mich entsprechend bei den Leuten an.“ Der 45-jährige hat auch einen Abschluss als Gebäudeenergieberater und kann somit bei Fragen nach der geeigneten Heizmethode oder zum Energiesparen ebenfalls helfen. „Wenn man Schornsteinfeger ist, liegt es nahe, auf diese Weise das Gesamtpaket anzubieten. Wir arbeiten unabhängig und legen das Augenmerk stets auf das Gebäude als Ganzes.“
Wenn Martin Gerecke über seinen Beruf spricht, merkt man, dass er sich in ihm völlig zuhause fühlt. Dabei ist er eher auf Umwegen dazu gekommen. Geboren in Magdeburg, absolvierte er zunächst eine Ausbildung zum Kunstglaser und hätte danach gerne in dem kleinen und familiären Ausbildungsbetrieb weitergearbeitet. „Doch nachdem ich meinen Armeedienst geleistet hatte, gab es die Firma nicht mehr. So holte ich stattdessen mein Abitur nach, studierte ein paar Semester Bauingenieurwesen und war dann in Rostock als selbstständiger Bauunternehmer tätig.“ Erst ein Auftrag auf dem nahen Darß brachte Gerecke in Kontakt mit dem Schornsteinfeger-Handwerk. „Dort lernte ich meinen späteren Lehrausbilder kennen – der suchte Leute und fragte mich, ob ich nicht Lust hätte, Schornsteinfeger zu werden.“ Von 2009 bis 2011 ließ sich der Wahl-Rostocker also dazu umschulen, war dann über zehn Jahre als angestellter Schornsteinfeger in Rostock beschäftigt und vermittelte parallel sein theoretisches und praktisches Wissen an der Schornsteinfegerakademie im sächsischen Eilenburg. „Das mache ich bis heute. Ich schule die Frauen und Männer in der überbetrieblichen und in der Meisterausbildung unter anderem zu Fragen der Anlagentechnik und des Schornsteinbaus“, erzählt Martin Gerecke, der selbst im Jahr 2022 seinen Meisterbrief erwarb.
Nach der langen Epoche in Rostock entschied der Mittvierziger im letzten Jahr, dass für ihn wieder die Zeit für eine Veränderung gekommen war. Innerhalb der 26 Kehrbezirke, in die Mecklenburg-Vorpommern aufgeteilt ist und für die jeweils ein Bezirksschornsteinfeger zuständig ist, waren mehrere Stellen für diese Funktion ausgeschrieben, unter anderem in der Seenplatte. Schließlich wurde Malchow der neue Einsatzort. „Ich kannte die Stadt vorher nicht. Aber mir gefällt es hier sehr, die Lage am See, die Natur ringsum…“ schwärmt Martin Gerecke. Am 15. Januar trat er in der Inselstadt offiziell seinen Dienst als Nachfolger von Bernd Paries an, der gemeinsam mit seinem Gesellen in den Ruhestand gegangen war. Er bezog auf der Wilhelm-Pieck-Straße 12 eine Dienstwohnung mit Büro und lernte Schritt für Schritt seinen Kehrbezirk kennen. Bei der Arbeit unterstützt ihn ein Helfer, ein junger Mann, der vor fünf Jahren aus Honduras nach Deutschland kam und mit dem kommenden Lehrjahr eine Ausbildung zum Schornsteinfeger bei Gerecke beginnen wird. Vorher muss er noch bei der Innung einen Eignungstest bestehen. „Die Ausbildung wird kein einfacher Weg, aber ich bin zuversichtlich, dass er es schaffen wird, weil er schnell lernt und motiviert ist.“ Martin Gerecke selbst lebt die Begeisterung für sein Handwerk vor, das er so beschreibt: „Es ist ein technischer Beruf, der sehr vielfältig geworden ist, seit er die ganzen Energiefragen mit umfasst. Anders als man vielleicht glauben mag, ist viel Kopfarbeit dabei und Kontakt zu den unterschiedlichen Menschen, was ich sehr mag.“