Maxine Wilm lernt Segelmacherin bei der Segelmacherei AR-Sail GmbH in Malchow. Dafür ist die 16-jährige aus dem schleswig-holsteinischen Norderstedt in die Inselstadt gezogen. „Ich durfte hier schon bei zahlreichen Tätigkeiten mitwirken und habe dabei viel gelernt. Meine Hoffnung, dass die Arbeit eines Segelmachers niemals eintönig ist, hat sich bestätigt“, sagt die Auszubildende.
Die Welt ist für Maxine Wilm derzeit rosa. Damit ist nicht nur gemeint, dass die 16-jährige nach derzeitigem Stand mit ihrem Ausbildungsberuf Segelmacherin den Traumjob für sich gefunden hat. Sondern dass sich gerade um sie herum Stapel von rosa Schaumstoff türmen, die sie in der Halle eines der beiden Malchower Standorte der Segelmacherei AR-Sail GmbH bearbeitet: Gemeinsam mit Birgit Schmoldt, die seit vier Jahren für das Unternehmen tätig ist, hat sie bereits mehrere große Stücke zugeschnitten. „Wir stellen hier neue Polster für das Boot eines Kunden her. Die alten waren nicht mehr reparierbar, sondern mussten ersetzt werden. In ein paar Minuten werden wir gemeinsam zum Hafen fahren, wo das Boot liegt.
Dort probieren wir aus, wie gut unser grober Zuschnitt schon passt und wo wir nachbessern müssen“, berichtet die Auszubildende. Wenn der Schaumstoff perfekt zugeschnitten ist, werden sich die beiden Frauen an die Spezialnähmaschinen setzen, von denen es in der Halle mehrere gibt, und den Bezug für die Polster zusammennähen. Der Malchower Hauptstandort von AR-Sail hat sich innerhalb des Unternehmens auf Polster und Segel spezialisiert. In der anderen Halle in Malchow werden vor allem Planen und Verdecke hergestellt, ebenso wie am Standort Sietow, wo noch Segelreparaturen hinzukommen. Segelmacherinnen und Segelmacher produzieren und reparieren all diese Gegenstände, montieren und demontieren sie vor Ort.
Eigentlich wird Maxine Wilm in Sietow bei Josefine Reneé Lotz ausgebildet, die selbst einst bei AR-Sail lernte. Doch ihr junges Alter, die dunkle Jahreszeit und der spärliche ÖPNV in der Region sorgen dafür, dass sie derzeit in Malchow arbeitet. Denn hier hat sich die 16-jährige zu Ausbildungsbeginn eine kleine Wohnung gesucht. Im Frühherbst ist sie täglich mit dem Rad von dort aus nach Sietow gefahren. Das ist bei dieser Witterung aber nicht mehr möglich und Auto fahren darf sie noch nicht. Doch unzufrieden mit dieser Lösung klingt Maxine nicht: „Dafür, dass ich erst seit September hier lerne, habe ich schon viel gemacht, war unter anderem auch bei Auswahl passender Stoffe dabei. In diesen Monaten habe ich bereits zahlreiche Dinge gelernt und festgestellt, dass die Arbeit eines Segelmachers eines nicht ist – eintönig“, erzählt sie.
Ihren Ausbildungsplatz wählte Maxine Wilm sorgfältig aus: „In der Freizeit und den Ferien habe ich stets viel ausprobiert – Kurse besucht, Praktika und Probetage bei verschiedenen Firmen absolviert. Von vornherein wusste ich: Ich möchte ein Handwerk lernen, weil ich gerne ein Endprodukt in den Händen halten will, das ich selber hergestellt habe. Außerdem bin ich zuversichtlich, dass das Handwerk immer gebraucht werden wird.“ Als sie sich festlegen sollte, hatte sich Maxine, die aus Norderstedt in Schleswig-Holstein stammt, zunächst den Beruf der Polsterin ausgesucht und sichtete Lehrstellen in ganz Deutschland. „Dabei stieß ich auf diesen Ausbildungsplatz hier in Malchow, der als Polsterer und Segelmacher ausgeschrieben war. Ich fand das interessant, bewarb mich und entschied mich dafür, nachdem ich hier ein Probetag absolviert hatte.“ AR-Sail bildet seit vielen Jahren aus und hat auf einer zweiten Stelle im September eine weitere junge Frau eingestellt, Angelina Böhm. Im nächsten Jahr soll ein männlicher Azubi dazukommen. Ihre theoretische Ausbildung absolvieren alle in der einzigen Schule, die in Deutschland den Beruf des Segelmachers anbietet, der Berufsschule des Handwerkskammer Lübeck in Travemünde. Maxine absolviert aktuell ihren ersten Unterrichtsblock dort und hatte sich bereits im Vorfeld ein Zimmer im Internat reserviert. „Die Kosten dafür sind höher als meine Miete hier und dazu kommt noch das Geld, das ich jeweils für die Fahrkarte ausgeben muss“, sagt die Auszubildende und hofft, dass das, was sie an der traditionsreichen Schule lernen wird, sie gewissermaßen für die Kosten entschädigt.
Mit den Erfahrungen, die Maxine seit dem September gesammelt hat, kann sie die positiven und wenigen negativen Aspekte ihres Wunschberufs gut abschätzen. Zu den Kehrseiten der Segelmacherei gehören neben der teuren Berufsschule für sie, dass man dabei eventuell im Alter körperliche Probleme bekommt, weil man oft schwer heben oder unbequeme Positionen einnehmen muss, und dass man viel Abfall produziert. „Wir versuchen daher, Polster, die wir sonst wegwerfen würden, Vereinen oder dem Tierheim anzubieten.“ Bei ihrem bisherigen Fazit überwiegt jedoch bei weitem das Positive: „Es macht einfach Spaß! Man lernt unglaublich viel dazu, auch Dinge, die man nachher im Alltag gebrauchen kann, wie das Nähen.“ Vor der Ausbildung hatte Maxine noch nie genäht und zerbrach in der ersten Woche prompt gleich fünf der großen Nadeln für die Maschinen. „Doch sie hat sich schnell eingearbeitet“, lobt Birgit Schmoldt, die als Quereinsteigerin selbst vor einiger Zeit die Fertigkeiten der Segelmacherin erwarb und sie nun erfolgreich weitergibt.
Um den Ansprüchen dieses Berufs zu genügen, sollte man akkurat arbeiten können, kreativ und natürlich handwerklich begabt sein sowie ein gewisses Verhandlungsgeschick mitbringen, wenn es darum geht, mit Kunden Kompromisse zu schließen. „So möchte mancher Kunde ein schadhaftes Polster oder Segel repariert haben, wo es nicht mehr möglich ist. Man muss ihn dann überzeugen, dass es besser ist, wenn wir ein neues herstellen und anbringen“, hat Maxine gelernt. Ihre Kenntnisse werden ihr sehr nützlich sein, wenn sie nach der Ausbildung in die Selbstständigkeit startet, so wie es ihr jetzt vorschwebt. Doch mit 16 Jahren weiß sie natürlich auch, dass bis dahin noch viel Zeit vergehen kann. „Es kommt immer anders als gedacht“, sagt sie und lächelt.