Müritzer Touristiker brauchen Hilfe
Über 4.400 Gäste hieß Katja Jedwillat in ihrem „Altstadthotel Goldene Kugel“ in Waren (Müritz) noch im vergangenen Jahr willkommen. Nur wenige Monate später droht dem Hotel, das sie seit 16 Jahren führt, die Insolvenz. Nicht aus eigenem Verschulden, sondern weil die mecklenburgischen Grenzen mit dem Saisonstart dicht gemacht wurden und damit die Urlauber fehlen. Nicht viel anders sieht es bei den anderen Hotels und Pensionen in der Mecklenburgischen Seenplatte aus. „Uns steht das Wasser bis zum Hals“, macht Cindy Stoll vom „Hotel zwischen den Seen“ deutlich.
Genau aus diesem Grund hat die Unternehmerin gemeinsam mit ihren Mitstreitern der Hotelgemeinschaft Waren (Müritz) am Donnerstag auch eine Demonstration in Schwerin organisiert und angemeldet. Unter Auflagen und mit dem schriftlichen Genehmigungsbescheid in der Tasche steuerten 49 Hoteliers aus dem mecklenburgischen Soleheilbad die Landeshauptstadt Schwerin an. Als Treff wurde ein Parkplatz vereinbart, von dem es zur ein Kilometer entfernten Staatskanzlei gehen sollte. Doch ein städtischer Mitarbeiter überreichte vor Ort einen neuen Bescheid. „Kein Marsch zur Staatskanzlei, nur einzeln hingehen“, so die neue Auflage, die für Unverständnis sorgte. Dennoch beugten sich die Demo-Teilnehmer und „spazierten“ zur Staatskanzlei und machten hier ihrem Unmut und ihren Ängsten Luft. „Wir brauchen keine weiteren Kredite, davon habe ich bereits genug abzuzahlen“, erklärte Kati Strasen unumwunden und völlig emotional. „Wir brauchen jetzt Hilfe, wir brauchen jetzt Gäste“, macht die Unternehmerin deutlich. „Die Werften mit 20.000 Beschäftigten wurden bereits mehrere Male gerettet. Der Tourismus in Mecklenburg-Vorpommern hat 60.000 Arbeitsnehmer und geht jetzt den Bach runter“, pflichtete ein Teilnehmer der Kundgebung bei. Verteilt vor der Schweriner Staatskanzlei ergriff ein Hotelbereiber nach dem anderen das Wort, das aber an den großen weißen Mauern verhallte. Auch Unterhaltungskünstler und Musiker, die ebenfalls zur Untätigkeit verdammt sind und dringend eine Lösung brauchen, unterstützten die Aktion. „Hier draußen stehen viele erfolgreiche Unternehmer, die in den vergangenen Jahren gut verdient und gute Steuern gezahlt haben. Steuern, von denen auch ihre Gehälter bezahlt werden“, rief Thomas Müller den geschlossenen Fenstern und Türen entgegen.
Und schließlich machte der Musiker das, was er am besten kann – Musik. Mit einem Lied von Udo Lindenberg brachte er die Situation auf den Punkt und sorgte für etwas Abwechslung. Unterdes zeigte Wolfgang Dreier vom Hotel am Yachthafen sein Unterverständnis, dass die Corona-Fallzahlen in MV fallen und die Demo-Teilnehmer mit Masken verhüllt und ungehört im Stich gelassen werden. „Ich hätte mir gewünscht, dass ein Verantwortlicher aus diesem Gebäude kommt und sagt - wir können reden“, zeigte sich Olaf Gaulke enttäuscht. Enttäuscht ist auch Ricardo Reschke, der zwei Hotels betreibt. Wir sind 1989 für offene Grenzen auf die Straße gegangen und müssen es jetzt schon wieder“, schüttelte der Unternehmer den Kopf. Vater Erwin Reschke unterstrich, dass das Familienunternehmen in dritter Generation jetzt in arge Bedrängnis kommt, denn wie bei allen Hotels fehlen jetzt die ersten Einnahmen nach dem Winterschlaf. Stadtvertreter Toralf Schnur (FDP), der ebenfalls in Schwerin war, machte es noch etwas deutlicher: „Jeder dritte Euro in Waren (Müritz) wird durch den Tourismus verdient. Das haben wir uns in den vergangenen 25 Jahren aufgebaut und das wird jetzt zerstört.“ Nach einer Stunde war aber schließlich klar – aus der Staatskanzlei wird keiner zu den Touristikern kommen und die Demonstranten zogen enttäuscht ab. Ebenso groß dürfte die Enttäuschung vier Stunden später gewesen sein, als Manuela Schwesig im Livestream ans Rednerpult kam.
„Der Tourismus ist eine Erfolgsgeschichte. Wir sind Tourismusland Nummer 1, darum hat es uns in unsere DNA, in unser Herz getroffen“, so die Ministerpräsidentin. Machte aber deutlich. Es gibt einen FünfPhasenPlan, der ab dem 01. Mai 2020 die Dauercamper und die Zweitwohnungsbesitzer berücksichtigt. Eine neue Bewertung wird es erst am 05. Mai 2020 mit den neuen Fallzahlen geben. Ab dem 01. Juli 2020 soll die Mehrwehrsteuer im Bereich Tourismus und Gastgewerbe von 19 auf 7 Prozent gesenkt. „Das ist die Zeit, in der die Gastronomie und Hotellerie wieder Umsätze generiert“, so Wirtschaftsminister Harry Glawe, der sich da scheinbar im Zeitplan schon verplappert hat.
Insgesamt soll der Neustart des Tourismus in fünf Phasen erfolgen:
Phase 1: Vorsichtiger Einstieg in einen sicheren Tourismus
Zweitwohnbesitzerinnen und Zweitwohnbesitzer aus anderen Bundesländern können wieder ihre Zweitwohnungen. Außerdem können Dauercamper in Mecklenburg-Vorpommern ihren Campingplatz wieder nutzen. Das gilt für alle Dauercamperinnen und Dauercamper mit Erstwohnsitz in Mecklenburg-Vorpommern. Bürgerinnen und Bürger aus anderen Bundesländern können ihren Campingplatz wieder nutzen, wenn dieser als Zweitwohnsitz gemeldet ist.
Phase 2 Vorsichtiger Einstieg in einen sicheren Gastronomie-Tourismus
Vorsichtige Öffnung der Gastronomie unter strengen, an den jeweils aktuellen Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts orientierten Auflagen. Öffnung tourismusaffiner Tagesangebote (z.B. Fahrradverleih, Bootsverleih, Strandkorbvermietung) mit strengen Auflagen.
Phase 3: Vorsichtiger Start in den Übernachtungs-Tourismus für Einwohner Mecklenburg-Vorpommerns
Der Übernachtungs-Tourismus wird in dieser Phase ausschließlich für Bewohnerinnen und Bewohner mit Erstwohnsitz oder Zweitwohnsitz in Mecklenburg-Vorpommern sowie Dauercampern ermöglicht.
Phase 4: Öffnung des Übernachtungs-Tourismus für Gäste aus anderen Bundesländern
Tourismus von Bundesbürgern unter strengen, an den jeweils aktuellen Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts orientierten Auflagen.
Phase 5: Tagestourismus und Neue Normalität auch für Gäste anderer Staaten Übernachtungs-Tourismus auch von Gästen anderer Staaten (soweit nicht Risikogebiete) und Tagestourismus entsprechend den dann geltenden Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts.
Für Phase 1 wurde bereits ein Startpunkt festgelegt. Ab dem 1. Mai 2020 können Zweitwohnungsbesitzerinnen und -besitzer aus anderen Bundesländern wieder in ihre Zweitwohnungen reisen. Auch für Dauercamperinnen und Dauercamper gibt es gute Nachrichten. Sie können, wenn die unter Phase 1 genannten Voraussetzungen erfüllt sind, ihren Stellplatz wieder zur Erholung nutzen.
Noch keinen Termin gibt es für den Start der weiteren Phase. Ausgehend von den dann aktuellen Infektionszahlen soll am 5. Mai in einem Gespräch zwischen Landesregierung und Tourismusbranche darüber beraten werden, ob weitere Phasen gestartet werden können.
Mecklenburg-Vorpommern hat in den vergangenen 30 Jahren im Tourismus eine großartige Erfolgsgeschichte geschrieben. Wir sind das Tourismusland Nummer Eins – und freuen uns darauf, wenn unsere Gäste wiederkommen. Bis dahin bitten wir noch um Geduld
, erklärte Ministerpräsidentin Schwesig.