Kita-Elternräte kritisieren neues Kita-Gesetz
„Die Landesregierung verfolgt drei große Ziele: die Elternbeitragsfreiheit für Krippe, Kindergarten, Hort und Tagespflege zum 1.1.2020, eine Entbürokratisierung des Kita-Systems sowie eine Vereinfachung des Finanzierungssystems der Kindertagesförderung“, betonte Sozialministerin Stefanie Drese. Das Land will pro Jahr ca. 145 Millionen Euro investieren, um die komplette Beitragsfreiheit zu finanzieren. Die Kita-Elternräte kritisieren unterdes das neue Kita-Gesetz. "Die Elternbeitragsfreiheit gilt nicht überall und Qualitätsentwicklung ist unzureichend zudem wird die Elternmitwirkung beschränkt und bleibt ohne finanzielle Absicherung", so Monty Schädel vom Kita-Elternrat Mecklenburgische Seenplatte.
Gesetzentwurf zum Kindertagesförderungsgesetz
Sozialministerin Stefanie Drese stellte am 08. Mai 2019 im Sozialausschuss des Landtags den Gesetzentwurf zum Kindertagesförderungsgesetz (KiföG M-V) vor.
„Die Landesregierung verfolgt drei große Ziele: die Elternbeitragsfreiheit für Krippe, Kindergarten, Hort und Tagespflege zum 01. Januar 2020, eine Entbürokratisierung des Kita-Systems sowie eine Vereinfachung des Finanzierungssystems der Kindertagesförderung“, betonte Ministerin Drese.
Das Land will pro Jahr ca. 145 Millionen Euro investieren, um die komplette Beitragsfreiheit zu finanzieren. „Davon profitieren vor allem kinderreiche Familien, Familien mit geringen Einkommen und Ein-Eltern-Familien, also Familien, die über ein höheres Armutsrisiko verfügen“, verdeutlichte Drese. „Eltern sollen sich aber unabhängig von finanziellen Erwägungen für die individuelle Förderung ihres Kindes in Kindertageseinrichtungen oder der Kindertagespflege entscheiden können. Die Elternbeitragsentlastung führt also zu mehr Chancengerechtigkeit“, so Drese. Gleichzeitig werde damit ein wichtiger Beitrag für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf geleistet, da ein guter, kostenfreier und umfänglicher Kitaplatz einen früheren beruflichen Wiedereinstieg, insbesondere für Frauen, befördere.
Darüber hinaus sieht das neue KiföG eine grundlegende Neuordnung des Finanzierungssystems vor, das auf allen Seiten (Land, Landkreise und Gemeinden) zu erheblichen Verwaltungsvereinfachungen führen wird. Drese: „Die verschiedenen Förderstränge der Kindertagesförderung werden gebündelt und in einer einzigen Förderung ausgereicht. Dadurch entsteht eine erhebliche Verwaltungsvereinfachung für Jugendämter, Träger der Einrichtungen, Gemeinden und das Land durch einfachere Finanzströme und einfachere Abrechnungen der Kindertageseinrichtungen und Tagespflegepersonen.“
Zukünftig werden sich zudem das Land, die Landkreise/ kreisfreien Städte und die Gemeinden gemeinsam an der Kostenentwicklung beteiligen. Statt einer wie bislang landesseitigen Festbetragsfinanzierung übernimmt das Land ab dem 01. Januar 2020 54,5 Prozent der tatsächlich anfallenden Kosten. „Damit gestalten wir die Kita-Finanzierung gerechter. Kostensteigerungen, z.B. durch die politisch von uns gewollte bessere Bezahlung der Erzieherinnen und Erzieher werden dann zum Großteil vom Land übernommen. Das ist ein wichtiger Qualitätsaspekt“, so Drese.
Drese: „Mit dem neuen Kindertagesförderungsgesetz wollen wir aber noch mehr. So werden wir sieben Millionen Euro zusätzlich in die Qualität unserer Kindertagesförderung investieren, z. B. zur Stärkung der mittelbaren pädagogischen Arbeit, der Fachkraft-Kind-Relation und der Fach- und Praxisberatung, durch die Einführung einer Mentorenvergütung sowie durch qualitative Verbesserungen für die Kindertagespflegepersonen.“
Das Land wird künftig pro Jahr ca. 321 Millionen Euro in die Kindertagesförderung investieren. Der Bund steuert durch das „Gute-Kita-Gesetz“ in der Endstufe etwa 37,5 Millionen Euro bei.
Stellungnahme der Kita-Elternräte Mecklenburgische Seenplatte und Hansestadt Rostock
Im Vorfeld der Anhörung des Sozialausschusses des Landtages zur Elternbeitragsbefreiung, Stärkung der Elternrechte und Neuformulierung des Gesetzes zur Kindertagesförderung in M-V (KiföG), haben die Kita-Elternräte der Mecklenburgischen Seenplatte und der Hansestadt Rostock den Entwurf des Gesetzes umfangreich kritisiert.
So ist die Freude an den geplanten Entlastungen beim Entgelt für Kitas und Horte mehr als getrübt, weil das Gesetz nicht gleichermaßen den Weg für dringend erforderliche Maßnahmen zur Qualitätsentwicklung an den Einrichtungen bereitet. Monty Schädel, Vorsitzender des Kita-Elternrates im Landkreis Mecklenburgische Seenplatte: „Entscheidend für uns Eltern mit Kindern in der Kindertagesförderung ist und bleibt die Qualität der Kindertagesförderung.“ Und Bastian Schwennigcke vom Kita-Stadtelternrat in Rostock sagt: „Der Gesetzesentwurf ändert nichts daran, dass eine Fachkraft immer noch viel zu viele Kinder betreuen muss und dass die Einrichtungen deutlich zu wenig Mittel erhalten, um Krankenstände, Leitungsaufgaben, Zeit für Vor- und Nachbereitung oder notwendige Weiterbildungen besser ausgleichen zu können.“
Die von der Landesregierung mit der Gesetzesänderung bezweckte Elternbeitragsbefreiung wird nach dem Gesetzentwurf darüber hinaus nicht für alle Eltern gelten. Eltern, die ihre Kinder in den Schulferien länger als sechs Stunden in den Hort bringen müssen, werden auch weiterhin dafür zahlen müssen. Damit erfüllt der Gesetzentwurf nicht einmal das wichtigste von Sozialministerin Stefanie Drese bei der Einbringung in den Landtag formulierte Ziel, „die Elternbeitragsfreiheit für alle Förderarten - Krippe, Kindergarten, Hort und Tagespflege - bis zum maximalen Förderumfang von 10 Stunden täglich“.
Und auch die Ankündigung, Eltern- und Kinderrechte stärken zu wollen, löst der Gesetzesentwurf in den wesentlichen Fragen nicht ein. Im Gegenteil, durch einige neue Regelungen wird die Arbeit der Elternvertretungen sogar existentiell gefährdet. So sollen nach dem jetzigen Entwurf die Elternvertretungen auf kommunaler und auf Landesebene nur noch durch die jeweiligen Vorsitzenden der einzelnen Elternräte in den Einrichtungen gebildet werden. Damit wird es unmöglich, Elternarbeit auf viele Schultern zu verteilen. Der Gesetzesentwurf führt direkt in die Überlastung weniger engagierter Eltern und gefährdet damit die Bereitschaft zur Mitwirkung der Eltern. Außerdem versäumt es auch diese Gesetzesnovelle wieder, die Finanzierung der Arbeit kommunaler Elternräte und der Landeselternvertretung zu regeln. Während die Arbeit sowohl der zuständigen Landes- und Kommunalverwaltung als auch der Träger in der Kindertagesförderung aus Steuermitteln finanziert wird, bleibt die Mitwirkung in den Elterngremien denen überlassen, die sich das privat leisten können. Und obwohl die Elternräte seit Jahren darauf hinweisen, sieht der Entwurf keinerlei Maßnahmen für den Fall vor, dass Einrichtungen oder Träger die partnerschaftliche Zusammenarbeit mit den Eltern verweigern. Ein Miteinander auf Augenhöhe kann so nicht gewährleistet werden. Monty Schädel: „Der Gesetzesentwurf schafft für Elternräte keine Möglichkeiten, dass sie ihre Interessen auch wirksam – im Extremfall auch juristisch – gegenüber dem Träger einfordern können.“
Mit ihren Erfahrungen aus der Praxis sehen die Elternräte noch erheblichen Verbesserungsbedarf im Gesetzentwurf und machen dieses in ihrer mehr als 50-seitigen Stellungnahme deutlich.
Besonders skandalös für unser Land: werden Kinder dadurch diskriminiert, dass es auch dieser Gesetzesentwurf versäumt, eine Ganztagsförderung vorbehaltlos für alle Kinder einzuführen. Aus der Position des einzelnen Kindes führt die Koppelung des gewährten Förderumfangs an die berufliche Tätigkeit der Eltern zu einer Benachteiligung der Kinder, denen nur der Anspruch auf eine Teilzeit- oder Halbtagsförderung zugestanden wird. in der Realität von Kindern führt das zu einer Bevorzugung bzw. in der Umkehrung zu einer Benachteiligung von Kindern.
Bastian Schwennigcke: „Es ist für uns nicht nachzuvollziehen, warum Kindern die Förderung in den Einrichtungen im Land deshalb verwehrt wird, weil ihre Eltern mit einem Geschwisterkind im Säuglingsalter für ein paar Monate in Elternzeit gehen. Es gibt immer wieder ältere Geschwister, denen nur sehr schwer zu vermitteln ist, warum sie für diese Zeit von für sie wichtigen Kita-Aktivitäten wie Mahlzeiten, Spielzeit mit Freunden oder Nachmittagsangebote ausgeschlossen sein müssen.“ Monty Schädel ergänzt: „Uns scheint hier eine gewaltige Gerechtigkeitslücke dergestalt zu bestehen, dass ein Teil von Kindern anderen gegenüber in der Form benachteiligt wird, dass sie nur teilweise oder halb gefördert werden. Kinder dürfen nicht vom Gesetz her dafür diskriminiert werden, dass ihre Eltern mehr oder weniger zu Hause sind.“
Der Vorsitzende des Kita-Elternrates MSE, Monty Schädel, wird an der Anhörung des Sozialausschusses am 15.05.2019 teilnehmen, um den Abgeordneten die Kritik der Elternräte darzulegen und Fragen zu beantworten.