Umgang mit Gedenkorten für Kriegstote in Kirchen
Trauern und Erinnern: Flyer für alle mecklenburgischen Kirchengemeinden

Kriegsdenkmäler und Namenstafeln: „Wir finden sie - ob gepflegt oder vernachlässigt, zentral oder abseitig gelegen - in und an vielen Kirchen Mecklenburgs oder auf den Friedhöfen“, sagt Dr. Maria Pulkenat. Die Referentin für Erwachsenenbildung hat eine Information zum Umgang mit Gedenkorten für Kriegstote erstellt. Den Flyer haben jüngst alle 193 evangelisch-lutherischen Kirchengemeinden im Kirchenkreis Mecklenburg bekommen. Eine ergänzende Handreichung „Gefallenendenkmale & Kriegerehrung in mecklenburgischen Kirchen“, die Dr. Antje Heling-Grewolls von der Nordkirche erarbeitet hat, liegt zudem jetzt vor.
Da gibt es in einer Kirchengemeinde Bestrebungen, eine Tafel aus den 1920er-Jahren für die Gefallenen des Ersten Weltkrieges wieder in der Kirche aufzuhängen. Wie soll damit umgegangen werden? Wie kann um Kriegstote getrauert werden, ohne in ihrem Tod einen höheren Sinn zu sehen? Wie füllen wir heute die Worte „Held“, „Opfer“ oder „Vaterland“?
Referentin Dr. Pulkenat: Wir wollen ermutigen, sich bewusst auseinanderzusetzen
Ein Blick in die Kirchen zeigt, es wird an Tote aus Kriegen mit sehr unterschiedlichem Charakter erinnert. Beispiele seien neben dem Ersten und Zweiten Weltkrieg, die Befreiungskriege gegen die Napoleonische Herrschaft (1813-1815), der Deutsch-Dänische Krieg (1864) oder Koloniale Eroberungskriege des Deutschen Reiches. „Mit der neuen Handreichung möchten wir unsere Kirchengemeinden ermutigen, sich – soweit noch nicht geschehen - bewusst mit den Kriegsdenkmälern sowie mit Gedenktafeln in den Kirchen und auf Friedhöfen auseinander zu setzen“, so die Referentin aus dem Zentrum Kirchlicher Dienste Mecklenburg.
Eine besondere Bedeutung kommt dabei den Inschriften, den Bildern und Symbolen und den verwendeten Bibelzitaten zu. „Diese vermitteln oft eine Glorifizierung des Krieges und manche Bibelworte sind aus heutiger Sicht theologisch problematisch verwandt“, so Maria Pulkenat und unterstreicht: „Als Kirche tragen wir eine Verantwortung, uns damit zu befassen.“ Denn wenn Krieg religiös legitimiert und die Friedensbotschaft der Bibel zum Verstummen gebracht, sei dies theologisch gesehen ein Missbrauch des christlichen Glaubens.
„Mit den Botschaften auf den Gedenkorten für Kriegstote setzten sich die Kirchengemeinden bereits unterschiedlich intensiv auseinander“, so die Referentin. Manche dieser Gedenkorte seien später, besonders ab 1989, über ihren konkreten Anlass hinaus „in allgemeine Gedenkorte für Opfer von Krieg und Gewalt umfunktioniert“ worden. Interessant in diesem Zusammenhang: Die Sowjetische Besatzungsmacht und später die DDR-Regierung waren bestrebt, Zeugnisse des deutschen Militarismus zu beseitigen. „Kriegsdenkmäler in den Kirchen wurden aber nicht angetastet“, blickt die Referentin zurück.
Anregungen zum Umgang werden skizziert
Der Flyer zeigt unterschiedliche Möglichkeiten zum Handeln auf. So sind Kriegerdenkmäler und Gefallenentafeln in ihrem Zusammenwirken von Schrift, Symbolen und Bildwerk Geschichtsorte und können zu guten Lernorten werden“, sagt die Referentin. Dies gelte sowohl für touristisch Interessierte als auch für die Arbeit mit Jugendlichen und im Gemeinwesen. Oftmals sei der geschichtliche Kontext der Kriege den Besuchern nicht mehr bewusst. Deshalb könne es hilfreich sein, Erklärungen, etwa mit QR-Code, an oder neben den Denkmalen anzubringen.
„Bei kriegsverherrlichenden Botschaften ist grundsätzlich auch ein Eingriff - in Abstimmung mit dem Denkmalschutz - möglich. Die Botschaft wird dabei nicht gelöscht, sondern überschrieben“, stellt Maria Pulkenat klar. Und neben der Arbeit am Denkmal selbst sei „die Kommunikation wichtig, ob in der Kirchengemeinde oder im Gemeinwesen“. Veranstaltungen beispielsweise mit Jugendlichen in der Konfirmationszeit oder zusammen mit der Kommune könnten das Thema „ins öffentliche Gespräch bringen – und so in Bewusstsein bringen und eine Auseinandersetzung befördern“.