Im Juli und August machte eine Gruppe junger Erwachsener aus mehreren Ländern Malchow zu einer Station ihrer Forschungstour durch die deutsche Geschichte: Die Teilnehmer des Internationalen Jugendcamps erarbeiteten dabei Ideen für eine Ausgestaltung der Gedenkstätte am Rande Malchows, welche die Inselstadt in ihr zukünftiges Konzept für deren Weiterentwicklung einbeziehen will.
Die Gedenkstätte für das Außenlager des KZ Ravensbrück an der Malchower Lagerstraße ist derzeit noch ausbaufähig, obwohl auf dem Gelände bereits einiges passiert ist. Dessen ist sich die Stadtverwaltung Malchows bewusst. Ideen für die Weitergestaltung sind also willkommen. Diese lieferten die Teilnehmer des diesjährigen internationalen Jugendcamps, das zweimal – einmal am 27. Juli und einmal am 4. August – in Malchow Station machte. Die Gruppe bestand aus sechs jungen Erwachsenen um die 20 aus Mexiko, Spanien, Italien, der Türkei und Polen. Sie hießen Miguel, Arturo, Carlos, Andrea, Berke und Wiktoria. Wiktoria Holda aus Polen hatte auch die Funktionen der Campleiterin und Übersetzerin ins Englische und aus dem Englischen übernommen. Außerdem halfen Dolmetscher für die spanische und italienische Sprache bei der Kommunikation.
Die Jugendgruppe bereiste für rund zwei Wochen den Norden Deutschlands und forschte dabei unter anderem in Ravensbrück, Barth und eben Malchow zur deutschen Geschichte. Sie richtete ihren Fokus besonders auf die Zwangsarbeiter im Dritten Reich. „Bei dem Termin am 27. Juli bekamen die Teilnehmer gewissermaßen ihre Aufgabe: Wir zeigten ihnen die Gedenkstätte und baten sie, Ideen für die Ausgestaltung zu entwickeln. Am 4. August stellten sie diese in der Jugendherberge in Malchow vor. Die fünf Ideen sind alle gut gelungen“, sagt Stadtarchivar Gerd Benedix, der bei der Veranstaltung anwesend war, ebenso wie beispielsweise Elke-Annette Schmidt, Politikerin der Partei DIE LINKE, und Horst Siggelkow, Vorsitzender des Ausschusses für Jugend und Bildung Malchow. Die meisten der Studenten haben für ihre Präsentation eine kleine Skizze mit Begleittext angefertigt. Die Mehrheit entschied sich für bildliche Darstellungen, vor allem Skulpturen. Ein Entwurf sieht beispielsweise eine stilisierte Darstellung einer Gefangenen durch eine Frauenskulptur aus Messing vor, auf deren Sockel das Gedicht „Wenn dies ein Mensch ist“ des italienischen Schriftstellers und Holocaust-Überlebenden Primo Levi eingraviert sein soll. Ein anderer zeigt als „Kaserne“ eine Baracke, aus der Gefangene verzweifelt herausschauen. Es gibt aber kein Entrinnen, denn die Baracke hat keine Türen und ist von einem festen Zaun umgeben. In ihrem Fazit berichtet die Gruppe des Jugendcamps von ihrem Lerneffekt: „Mit diesem Projekt können die Menschen sehen, fühlen und verstehen, dass alles, was sie in den Lehrbüchern gelesen haben, Geschichte ist. Geschichte ist nicht nur Daten und Zahlen. Geschichte besteht aus Menschen.“
Diese Zusammenarbeit zwischen der Stadt Malchow und den internationalen Jugendcamps besteht schon länger – eigentlich. „Die erste Initiative dieser Art entstand in den neunziger Jahren und ist leider nach einer Weile gewissermaßen eingeschlafen. Im Jahr 2015 haben wir sie wieder aufgegriffen“, erzählt der ehemalige Stadtarchivar Dieter Kurth, der ebenso wie Gerd Benedix im Arbeitskreis Stadtgeschichte Malchow mitarbeitet. Nach zwei Jahren Zwangspause konnte das Jugendcamp in diesem Jahr endlich wieder stattfinden. Es wird von dem Verein „Norddeutsche Jugend im internationalen Gemeinschaftsdienst“ e. V. (NIG) organisiert. „Uns als Vertreter der Stadt Malchow ist es wichtig zu erforschen, welche Sicht die Jugend auf die Ausgestaltung der Gedenkstätte hat. Die Ideen sollen gemeinsam mit anderen zur Arbeitsgrundlage für die entsprechenden Gremien Malchows werden“, kommentiert Gerd Benedix. Die Sicht aller Beteiligten auf das künftige Schicksal der Gedenkstätte war am Ende relativ einheitlich: „Alle waren sich einig, dass sie erhalten, weiterentwickelt und dauerhaft gut gepflegt werden muss. Die meisten meinten auch, dass sie weniger als Festplatz denn als Lernort genutzt werden sollte“, so der Stadtarchivar.