Fischzähleinrichtung der Meerforelle
10. Fischzähleinrichtung im Poischower Mühlenbach
Wie viele Meerforellen laichen in Mecklenburg-Vorpommern (MV) und mit welchem Erfolg? Dieser Frage gehen Mitarbeiter des Instituts für Fischerei der Landesforschungsanstalt für Landwirtschaft und Fischerei MV im aktuellen Meerforellenprojekt auf den Grund. In dieser Woche wurde im Poischower Mühlenbach im Landkreis Nordwestmecklenburg die 10. Fischzähleinrichtung in Betrieb genommen.
Der Meerforellenbestand in den Küstengewässern des Landes beruht in weiten Teilen auf den Anfang der 1990er Jahre gestarteten Bemühungen zur flächendeckenden Wiederansiedlung der Meerforelle in MV und dem darauffolgenden Landesbesatzprogramm, das es bis heute gibt. „Zusammen mit Renaturierungsmaßnahmen in zahlreichen Fließgewässern des Landes mit anschließendem Initialbesatz konnten bis heute mehr als 50 Meerforellengewässer etabliert werden. Die meisten von ihnen tragen mittlerweile selbstreproduzierend zum Bestand in unseren Küstengewässern bei. Für die Fischerei stellt die Meerforelle eine hochpreisige Fischart dar, die vergleichbar mit Lachsen gehandelt wird. Zudem lockt sie tausende Angler aus ganz Deutschland an die Küste von MV“, erläutert Umweltminister Dr. Till Backhaus.
Der gewachsene Bestand spiegelt die Bemühungen der letzten 30 Jahre um diese Fischart wider und stellt einen für die Fischerei, den Tourismus und die Allgemeinheit nicht zu unterschätzenden Wert dar. „Damit eine nachhaltige Nutzung dieser Ressource auch in einer vom Klimawandel geprägten Zukunft erreicht werden kann, ist ein Monitoring als Grundlage für ein wissensbasiertes Fischereimanagement gemäß dem Vorsorgeansatz unerlässlich. Dieser Ansatz steht im Einklang mit den formulierten Zielen der gemeinsamen Fischereipolitik der Europäischen Union“, ergänzt Minister Backhaus.
Um die notwendigen Daten über das saisonale Laichtieraufkommen zu erlangen, wurden bisher 9 videooptische Fischzähleinrichtungen in repräsentativen Fließgewässern des Landes installiert. „Mit der Inbetriebnahme der 10. Fischzähleinrichtung sind nun alle relevanten Gewässersysteme im Land in die Datenerfassung integriert“, sagte der Minister. Die im Herbst aufsteigenden Meerforellen müssen diese Fischzähleinrichtungen passieren, um auf ihre Laichplätze zu gelangen und werden dabei von den Kameras erfasst. Hierfür wird jedes Objekt, das sich im Sichtfeld einer Kamera bewegt aufgezeichnet. Anschließend kommt eine KI-gestützte Bildauswertungssoftware zum Einsatz, die alle vorbeischwimmenden Meerforellen identifiziert.
Das aktuelle Meerforellenprojekt läuft von 2023 - 2025 und stellt die 3. Projektphase zur Bestandsuntersuchung der Meerforellen in MV dar. Seit 2017 wurden dabei schon rund 200 Fließgewässer des Landes als potentielle Laichgewässer untersucht.
Minister Backhaus erklärt, dass mit der finanziellen Unterstützung für das Meerforellenprojekt seit 2017 durch Land und EU in Höhe von bisher ca. 1.200.000 EUR ein wertvoller Beitrag zum Management der Meerforellen in MV geleistet wird, der Fischern und Anglern zugutekommt. Weitere Mittel in Höhe von 530.000 EURO werden bis 2025 zur Verfügung gestellt. Mit der Inbetriebnahme der 10. Fischzähleinrichtung im Poischower Mühlenbach wird die Datengrundlage für die Bestandsermittlung aufsteigender Meerforellen im Land vervollständigt.
Ansprechpartner für weitere Fragen ist der Projektleiter beim Institut für Fischerei der Landesforschungsanstalt für Landwirtschaft und Fischerei Mecklenburg-Vorpommern.
Armin Steibli
Telefon +49 381 20260534
Email: a.steibli@lfa.mvnet.de
Hintergrund zum Meerforellenprojekt:
Nach der Bewertung aller potenzieller Meerforellenlaichgewässer in Mecklenburg-Vorpommern (2017- 2020) und der Installation von videooptischen Fischzähleinrichtungen (FZE) in mittlerweile 10 Referenzgewässern des Landes in Kombination mit einer stetig weiterentwickelten KI-gestützten Bildauswertungssoftware hat sich das seit 2017 durchgeführte Meerforellenprojekt zu einem einsatzfähigen Routineprogramm zur Bestandsermittlung von aufsteigenden Meerforellen entwickelt.
Teil dieses Routineprogramms ist neben der jährlichen Laichplatzkartierung auch eine jährliche Rekrutenbefischung zur Ermittlung des Jungfischaufkommens in den nachweislichen Meerforellengewässern des Landes. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen gewährleisten, dass die Bestandsberechnung auf Grundlage realer Zahlen geschehen kann.
Neben der Ermittlung des Laicherbestands bilden die Ergebnisse zur Rekrutenbefischung die Grundlage in der Zusammenarbeit mit der ICES-Arbeitsgruppe WGBAST. Die seit 2017 jährlich erfassten Parr-Abundanzen der Meerforelle in Mecklenburg-Vorpommern sind ein valider Bestandteil der Produktivitätsbestimmung der Gewässer des Baltikums durch die ICES-Arbeitsgruppe.
Hintergrund Fischzählung & KI
Eine Fischzähleinrichtung (FZE) besteht je nach Gewässerbreite aus mindestens zwei Unterwasserkameras, Encodertechnik zur Steuerung und Speicherung der Videoaufnahmen, einem LTE-Router für die Fernwartung sowie einer entsprechenden Stromversorgung. In abgelegen Gebieten ohne Netzstromanschluss wird eine Brennstoffzelle als autarke Energiequelle einsetzt. Eine FZE ist so im Gewässer aufgebaut, dass sie in einem natürlichen oder baulichen Zwangsweg (Durchlauf, Fischpass, Graben) steht. Aufsteigende Meerforellen müssen diese FZE passieren, um auf ihre Laichplätze zu gelangen und werden dabei von den Kameras erfasst. Hierfür wird jedes Objekt, das sich im Sichtfeld einer Kamera bewegt, automatisiert aufgezeichnet (jedes Objekt entspricht einem Ereignis).
Nicht bei jedem Ereignis handelt es sich um eine Meerforelle, sondern häufig wird die Kamera durch Blätter, Fische anderer Arten, Wasservögel oder gar Waschbären ausgelöst und zeichnet eine vier Sekunden dauernde Sequenz auf. Diese Sequenzen müssen dann angeschaut und bewertet werden. In einer Laichsaison, die im September beginnt und Januar endet, werden auf diese Weise derzeit mehr als eine Millionen Videosequenzen mit einer Laufzeit von über 2.800 Stunden aufgezeichnet (Stand der Jahre 2020-2022). Die Sichtung dieses Videomaterials durch eine einzelne Person würde 352 Arbeitstagen oder 18 Personenmonaten entsprechen. Der Anteil an Videosequenzen, die tatsächlich Meerforellen enthalten, liegt dabei deutlich unter 1 %. Andere Fischarten machen ca. 1,5 % aus.
Eine KI (Künstliche Intelligenz) - gestützte Bildauswertungssoftware, die 2017 vom Fraunhofer-Institut für Graphische Datenverarbeitung (IGD) Rostock für diese Anwendung entwickelt wurde, bearbeitet diese Datenmenge in nur 44 Stunden und liefert klassifizierte Datensätze, die leicht weiterverarbeitet werden können.
Die Förderung erfolgte mit Landes- und EU-Mitteln (EMFF) und wird zukünftig mit Landes- und EU-Mitteln (EMFAF) erfolgen.