93 Menschen, darunter zehn Jugendliche, starben 2015 in Mecklenburg-Vorpommern
Eine Sekunde nicht aufgepasst, weil das Handy wichtiger war. Den Sicherheitsgurt weggelassen, weil es cooler ist. Den Zündschlüssel umdrehen, trotz einer durchzechten Nacht. Es sind nur Momente, die das Leben beenden und von anderen extrem verändern können. Auf diese ungeschönte Wahrheit wurden heute mit CrashKurs MV 120 Teenagern in der Aula des Regionalen Beruflichen Bildungszentrums in Waren (Müritz) mit voller Wucht gestoßen. „Wir zeigen euch heute keine Aktionfilme, eine Fiktion, sondern die pure Realität – das ist alles auf unseren Straßen passiert“, stimmte Polizeihauptkommissar Torsten Dowe die Schüler der Beruflichen Schule Müritz und des Schlossgymnasium Torgelow am See heute Mittag ein. Im Rahmen des Projektes „Crash Kurs MV“ wurden den Schülern die Wirklichkeit offenbart. „Dies kann bei einigen durchaus starken emotionalen Schwankungen auslösen. Aber wir lassen euch nicht alleine, sondern haben Betreuer und Ruhebereiche organisiert“, versicherte Torsten Dowe und ließ den Einstiegsfilm starten.
Schon mit den ersten Sequenzen machte sich Totenstille auf dem Plätzen breit. Melancholische Musik begleitete die ersten Unfallbilder. Zertrümmerte Autos, die sich als Wrack präsentierten. Blutverschmierte Airbags, abgedeckte Leichen. Kurze Untertitel manifestierten die Fotos: „Es wurde gelacht und getrunken und trotzdem gefahren. Beendeten die Fahrt und das Leben. Peter (23 Jahre) wollte nur schnell nach Hause, aber er kam nie an. Regen machte die Straße rutschig, sie waren viel zu schnell. Sebastian (14 Jahre) und sein Onkel (22 Jahre) hatten noch viel vor in ihrem Leben.“ Diese und weitere Szenen hinterließen auch bei den Anwesenden ihre Eindrücke. Hier und da durchbrach tiefes Atmen, Schluchzen das erdrückende Schweigen. „Damit es nicht soweit kommt, erzählen wir jetzt, wie stark ein Unfall ein Leben verändert“, übergab Dowe an ein Mitglied der Malchiner Feuerwehr. Die Frau erzählte von einem Unfall, bei dem eine unschuldige junge Mutter in ihrem Pkw verbrannte und zwei Kleinkinder hinterließ. „Und alles nur, weil ein Brummifahrer telefonierte und den Pkw an einer Baustellenampel zusammenschob“, so die Ehrenamtliche. Ebenfalls tragisch endete ein Unfall den Notarzt Thomas Hanff erleben und begleiteten musste. „Leider haben wir heute keine Happy-End-Geschichten. Zwei junge Freunde starben bei einem Motorradunfall bei Rittermannshagen“, so der Mediziner.
„Polizisten fahren bei schönem Wetter Streife. So ist die Ansicht vieler Außenstehender. Aber wir erleben auch tragische Momente“, so ein Beamter. In einer Nachtschicht wurde der Polizist zu einem Verkehrsunfall mit mehreren Verletzten bei Neukalen alarmiert. Vor Ort wurde er mit drei Toten konfrontiert. „Unser Sohn hat sein Leben weggeworfen und unser Leben zerstört“, unterstrich eine Mutter die vorrangegangenen Worte und stimmte spätestens jetzt den letzten Zuhörer nachdenklich. „Werft euer Leben nicht weg“, läutete Torsten Dowe eine Gesprächsrunde ein. Auf den Straßen in Mecklenburg-Vorpommern starben 2015 insgesamt 93 Menschen, darunter waren zehn im Alter der anwesenden Schüler. Insgesamt wird es im Jahr 2016 fünf weitere Veranstaltungen zu CrashKurs MV im Zuständigkeitsbereich des Polizeipräsidiums Neubrandenburg geben, u.a. noch in Neustrelitz, Malchin und Velgast.