„Landesregierung vor Ort“ hieß es gestern in der Müritzregion. Eine Kabinettssitzung in der Malchower Landesschule für Brand- und Katastrophenschutz Mecklenburg-Vorpommern, zahlreiche Ministertermine an verschiedenen Standorten und schließlich ein Bürgerforum im Warener Müritzeum als Tagesabschluss standen auf dem Tagesprogramm von Ministerpräsidentin Manuela Schwesig und ihrer Landesregierung. Gerade das angesetzte Bürgerforum hat gezeigt, dass noch viel Gesprächsbedarf besteht und gemeinsames Reden wichtiger denn je ist.
Das Müritzeum sollte ein schönes Ambiente für das Bürgerforum in Waren (Müritz) bilden. Die Maränen im großen Schaubecken drehten gemütlich ihre Runden und sorgte für eine friedvolle Stimmung, die große Panoramagalerie der Serrahner Buchen setzten einen bunten Farbtupfer in das Foyer, das sich gestern bereits vor 18 Uhr schnell füllte. Ebenso schnell war aber auch klar, diese Lokation ist für ein Bürgerforum in der heutigen Zeit viel zu klein. Knapp 100 Gäste konnten sich im Vorfeld der Veranstaltung anmelden und die Chance auf einen Dialog mit der Ministerpräsidentin nutzen. Unter den Gästen befanden sich zahlreiche weitere Politiker, Wirtschaftsgrößen, leitende Beamte aus der Region und einige einfache Bürger. Letztere kamen nicht nur aus der Müritzstadt und dem näheren Umfeld, sondern auch aus dem gesamten Bundesgebiet. Selbst aus Mönchengladbach reiste eine Frau an, die in naher Zukunft ein Dorf für minderjährige Mütter bei Sassnitz etablieren möchte.
Peter Kranz, seines Zeichens Referatsleiter in der Schweriner Staatskanzlei übernahm am Dienstagabend die Aufgabe des Moderators und führte durch den Abend. Nach kurzer Vorstellungs- und Begrüßungsrunde der Minister, bis auf den erkrankten Landwirtschaftsminister Till Backhaus und Bildungsministerin Simone Oldenburg waren alle Minister in Waren (Müritz) anwesend, starte das Bürgerforum. Entsprechend hoch war auch die Sicherheitsstufe und zahlreiche Polizeibeamte und Sicherheitsleute zeigten ihre Präsenz. Kurz nach 18 Uhr konnte Peter Kranz schließlich Ministerpräsidentin Schwesig im Müritzeum begrüßen, die auch gleich ein Statement zum Tagesverlauf und der aktuellen Lage abgab. Durch die angesetzte Kabinettssitzung in der Malchower Feuerwehrschule kam Manuela Schwesig schnell auf die Feuerwehren zu sprechen und erinnerte an den verheerenden Waldbrand von Lübtheen im Jahr 2019. „Aus diesem Grund wurde auch das Sonderprogramm -Zukunftsfähige Feuerwehr- mit einem Volumen von 50 Millionen Euro aufgelegt, dass die Ausstattung der Feuerwehren verbessern soll“, so Schwesig. Jüngst bekam die Freiwillige Feuerwehr Vollrathsruhe ein Löschfahrzeug aus diesem Programm. Hiervon überzeugte sich Manuela Schwesig und Innenminister Christian Pegel am Dienstag.
Auch auf Nord Stream und die Beziehung zu Putin kam Ministerpräsidentin Schwesig zu sprechen. „Wir haben damals für Nord Stream plädiert, weil es für uns das Besten war. Durch den Angriffskrieg ist Russland aber kein verlässlicher Partner mehr“, resümierte Schwesig und will in Zukunft die erneuerbaren Energien fokussieren. „Energie muss vorhanden sein, muss aber auch bezahlbar sein. Wir brauchen Menschen nicht vorschreiben, Energie zu sparen. Das wissen die Leute selber, dass man die Heizung nicht aufdreht, wenn das Fenster auf ist“, so Schwesig. Gut 30 Minuten lauschten die Gäste den Ausführungen der Landeschefin, bis die öffentliche Fragerunde gestartet wurde.
Renate Krajewski vom Neubrandenburger Dietrich-Bonhoeffer-Klinikum nutzte die Möglichkeit und machte auf die prekäre Situation in der Frühchenstation aufmerksam. „Mütter mit drohenden Frühgeburten müssen scheinbar in Zukunft ausgeflogen werden. Ich bin seit 40 Jahren Krankenschwester und die Entwicklung geht immer weitere unten“, mahnte die Klinikmitarbeiterin. Manuela Schwesig musste der Krankenschwester rechtgeben. „Wir haben immer darum gekämpft, dass die Mindestmenge an Patienten runtergesetzt wird. Masse sagt nicht über Qualität aus. Aber die medizinische Versorgung wird nicht durch die Politik bestimmt. Die Krankenkassen haben das durchgesetzt“, so Schwesig. Gleichzeitig musste sie aber auch eingestehen, dass das vom Bundestag verabschiedete Gesetzt erst den Weg dafür geebnet hat. Gesundheitsministerin Stefanie Drese versuchte zusätzlich zu beschwichtigen und betonte: „Das Gesetz ermöglicht Ausnahmen, aber dann müssen die Krankenkassen zustimmen. Im Notfall werden Frühchen auch in Neubrandenburg geboren und versorgt. Wir müssen aber auch in Berlin die Stimme lauter machen und dafür kämpfen.“
Sven Breuer, CDU-Stadtvertreter in Waren (Müritz) und Mitglied im Kultur- und Bildungsausschuss, nutzte als zweite Gast die Möglichkeit, um auf ein großes Problem hinzuweisen. Kinder sind unsere Zukunft. Wir müssen Schulen neu bauen, damit wir ihre Vorgaben in Sachen Inklusion umsetzen können“, so Sven Breuer, der auf die Notwendigkeit des Schulneubaus oder der massiven Sanierung der Grundschule und der Regionalen Schule in der Warener Westsiedlung einging. Auch Sylvia Hänsel, Schulleiterin der Regionalen Schule Waren West, unterstrich das Problem. „Das was sich unsere Kommune leisten kann, reicht bei weitem nicht aus“, betonte Sylvia Hänsel. „Ich danke natürlich den Lehrern für ihre Arbeit. Wir haben 350 Millionen Euro für den Schulneubau in Mecklenburg-Vorpommern bereitgestellt“, versicherte Manuela Schwesig.
Auch Innenminister Christian Pegel machte klar, dass man mit den Förderungen sieben Jahre Zeit zum bauen hat. Gleichzeitig richtete er das Wort an Bürgermeister Norbert Möller, der ebenfalls anwesend war. „In Waren (Müritz) waren es zwei Projekte, die letztendlich wesentlich teurer geworden wären, als geplant. Darum wurden sie nicht weiterverfolgt.“ Als Vorschlag meinte Christian Pegel, lieber ein Projekt fertigstellen, als beide verhungern lassen. Stadtvertreter Olaf Gaulke griff ein und sagte, dass „bei 37 Millionen Euro Kosten eine Förderung von zwei Millionen Euro nicht ausreicht“. Gleichzeitig regte Gaulke an, dass die Schweriner Politiker sich im Januar ein Bild von der Schulsituation in Waren (Müritz) machen sollten. Etwas spitz und in Richtung der Warener Stadtverwaltung schloss Manuela Schwesig das Thema vorerst. „Hier ist scheinbar viel Zeit ins Land gegangen. Andere Städte haben in dieser Zeit auch Schulen gebaut“, so die Ministerpräsidentin.
Auch Themen wie das illegale Holz sammeln aus den heimischen Wäldern, um die Energiekrise mit Brennholz zu überbrücken, und fehlende Windschutzstreifen auf den zu großen Feldern in Mecklenburg-Vorpommern wurden durch die Gäste des Bürgerforums thematisiert und den Politikern mit auf den Weg gegeben.
Seitens der Initiative „Menschlich-Stark-Miteinander“ wurde Manuela Schwesig ebenfalls mit Themen konfrontiert, die viele Menschen beschäftigen. Coronamaßnahmen, Energiekrise und Sparmaßnahmen standen auf einem großen Fragenzettel. „Man merkt es bestehen viele Zweifel. Die Corona Pandemie hat uns alle überrollt. Wir haben uns als Landesregierung verschiedene Expertenratschläge geholt. Alle hatte verschiedene Blickwinkel. Wir als Minister sind nicht die besten Lehrer, Ärzte oder Unternehmern. Darum müssen wir uns Rat holen. Wir entscheiden nach Werten, was ist am besten für die Bürger. Was ist am besten für uns und die Gesundheit der Menschen. Wir haben mit Sachsen die ältesten Generationen. Darum war es unser Ziel, diese Menschen zu schützen. Wir würden aber heute nicht mehr alles so machen. Spielplätze zu schließen war Quatsch. Da ist man hinterher schlauer“, so Schwesig. „Wir haben für das Impfen geworden, weil das vor Corona schützt. Ich selber bin vierfach geimpft. Mir hat es nicht geschadet. Ich will es aber auch nicht ausschließen, dass es Nebenwirkungen gibt. Ich möchte sie nicht bekehren, sie werden mich aber auch nicht zurück bekehren“, so die Landeschefin weiter. In Sachen Energie und Sparen konnte Schwesig mit einer neuen Info für etwas Erleichterung sorgen. „Die Gaspreisbremse und Strompreisbremse kommen.“ Für 80 Prozent des Verbrauches werden 12 Cent bei Gas und 40 Cent bei Strom als Bruttopreis und Festpreis angesetzt.
Monika Göpper und Hans-Peter Weiss als Malchow brannte das Bürgergeld und das sich Arbeiten in Zukunft weiterhin lohnen muss auf der Seele. Auch hier warb Ministerpräsidenten Schwesig für Verständnis und Toleranz. „Im Modell Harz4 wurden viele, die unverschuldet in Notgeraten waren, benachteiligt. Das soll sich mit dem Bürgergeld ändern“, so Schwesig.
Viele weitere Fragen hatten die Gäste sicher noch im Gepäck, doch ein heutiger Termin in Berlin ließ die Regierungschefin gegen 20 Uhr auf die Uhr blicken. Auch Moderator Peter Kranz musste auf die Zeit schauen und beendete die Fragerunde höfflich, aber bestimmt. Gleichzeitig gab es das Gesprächsangebot der anderen Minister, die weiterhin im Müritzeum verweilten.