Gewalterfahrungen im Einsatz sind für ehrenamtliche Feuerwehrangehörige keine Seltenheit. Das ist das Ergebnis einer bundesweiten Umfrage unter den Angehörigen der Freiwilligen Feuerwehren, die der Deutsche Feuerwehrverband (DFV) gemeinsam mit der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) durchgeführt und heute vorgestellt hat. Danach gab rund die Hälfte der Befragten an, in den vergangenen zwei Jahren im Einsatz Gewalt erlebt zu haben. Verbale Gewalt in Form von Beleidigungen oder Bedrohungen dominiert dabei. Tätliche Angriffe kommen deutlich seltener vor. DFV und DGUV appellieren vor diesem Hintergrund an alle Teile der Gesellschaft, Gewalt entschieden entgegenzutreten.
"Die Zahl erlebter Gewaltvorfälle gegen Einsatzkräfte ist zu hoch - und mittlerweile trauriger Alltag", sagt der Präsident des Deutschen Feuerwehrverbandes, Karl-Heinz Banse. "Feuerwehrmitglieder sind bei ihrer freiwilligen Tätigkeit viel zu häufig psychischer Belastung durch Beleidigungen, Beschimpfungen und Bedrohungen ausgesetzt." DGUV-Hauptgeschäftsführer Dr. Stefan Hussy fügt hinzu: "Respektlosigkeit und Aggression gegenüber Einsatzkräften sind keine Bagatellen. Sie demotivieren und frustrieren die Betroffenen. Das schadet dem Ehrenamt und damit letztlich der gesamten Gesellschaft."
Die Umfrage von DFV und DGUV ist die erste bundesweite Befragung, die gezielt Gewalterfahrungen von ehrenamtlichen Einsatzkräften in den Blick nimmt. Von Anfang November bis Mitte Dezember 2023 beteiligten sich über 6.500 Feuerwehrleute daran. Das Institut für Arbeit und Gesundheit der DGUV (IAG) aus Dresden führte die Online-Befragung durch und wertete die Zahlen aus. 3.275 Personen gaben an, in den vergangenen zwei Jahren Aggression im Einsatz erlebt zu haben - am häufigsten in Form von Beleidigungen und Beschimpfungen. Häufig seien auch Einschüchterungsversuche - zum Beispiel die Androhung, mit dem Auto angefahren zu werden. Tätliche Angriffe - zum Beispiel mit Fäusten, Feuerwerk oder einer Waffe - seien dagegen deutlich seltener.
Gefragt haben DFV und DGUV auch nach dem Umgang mit Gewalterfahrungen und Unterstützungsbedarfen. "Erfreulich ist, dass das Meldeverhalten innerhalb der Feuerwehr gut ist", so Banse. Mehr als drei Viertel der von Gewalt Betroffenen hätten angegeben, intern darüber informiert zu haben. Allerdings erstatteten viele Feuerwehrleute nach wie vor keine Anzeige bei der Polizei, weil sie nicht glaubten, dass ihr Anliegen ernst genommen werde. "Es ist überhaupt nicht nachvollziehbar, wenn Angriffe auf die Feuerwehr juristisch nicht konsequent verfolgt werden, weil die Strafverfolgungsbehörden ein 'zu geringes öffentliches Interesse' darin sehen." Hussy betont: "Wer sich für andere einsetzt, muss sich des Rückhalts der Gemeinschaft sicher sein. Das heißt auch: Wer Gewalt gegenüber Einsatzkräften ausübt, muss dafür zur Rechenschaft gezogen werden. Jede Attacke auf sie ist von öffentlichem Interesse." Die beiden Spitzenverbände sehen das Ehrenamt nachhaltig durch einen verrohten Umgangston sowie mangelnden Respekt online und offline bedroht. Aktuelle Kampagnen wie #GewaltAngehen der DGUV sollen die Gesellschaft dafür sensibilisieren.
Dringender Appell mit Blick auf Silvester
Banse und Hussy warnen mit Blick auf die gewalttätigen Ausschreitungen insbesondere gegen Einsatzkräfte in der Silvesternacht 2022/23 eindringlich vor einer Wiederholung der Angriffe: "Diese Gewalt muss aufhören. Es darf nicht sein, dass Menschen, die anderen zu Hilfe eilen, um ihre eigene Sicherheit und Gesundheit fürchten müssen", betont Hussy. "Die Gesellschaft muss zurück zu respektvollen Verhaltensnormen. Null Toleranz für Gewalt ist der erste Schritt, den jede und jeder Einzelne sofort machen kann", appelliert Banse.