Brand in der Regionalen Schule Möllenhagen
Zukunftspreis der Cornelsen Stiftung Lehren und Lernen für das Regionalen Beruflichen Bildungszentrum Müritz

Viermal vorbildlicher Unterricht: Auf dem Forum Bildungsperspektiven wurden im Rahmen der didacta 2025 in Stuttgart wieder Schulen und Schulleitungen mit dem Cornelsen Zukunftspreis ausgezeichnet. Schulinitiativen zur Inklusion, Leseförderung, Berufsorientierung und zur Wissensvermittlung im Simulationslabor standen im Fokus. „Das Engagement dieser Lehrkräfte und Schulleitungen hat eine besondere Wertschätzung verdient. Diese Schulen zeigen, wie Unterricht noch wirksamer gestaltet werden kann“, sagte Frank Thalhofer, Vorstandsmitglied der Cornelsen Stiftung Lehren und Lernen, die die Auszeichnung seit 2017 vergibt. Schirmherr der Veranstaltung ist Prof. Dr. Olaf Köller, Wissenschaftlicher Direktor des IPN Leibniz-Instituts in Kiel und Vorsitzender der Ständigen Wissenschaftlichen Kommission der Kultusministerkonferenz. Sein Fazit: „Der Cornelsen Zukunftspreis würdigt Projekte, die wirklich nach vorn gewandt sind.“ In diesem Jahr werden ausgezeichnet:
Inklusive Grundschule Mühlenweg in Hannover
In der Kategorie „Beste Schulleitungen“ erhält die Grundschule Mühlenweg in Hannover den Cornelsen Zukunftspreis. Die inklusive Schule kämpft dafür, Kindern individuell gerecht zu werden und gleichzeitig die Schulgemeinschaft zu stärken. Dafür hat sie den klassischen Schulalltag aufgebrochen und neue Raum- und Zeitstrukturen geschaffen. In multiprofessioneller Zusammenarbeit und mit neuen organisatorischen Rahmenbedingungen stellt sie sich konsequent auf die Lernmöglichkeiten der Kinder ein.
Leseförderung an der Geschwister-Scholl-Schule in Solingen
Für die Geschwister-Scholl-Schule ist Lesen die Grundlage des Lernens. Die Gesamtschule etabliert das Lesen als festen Bestandteil der Schulkultur und fördert fachübergreifend Lesekompetenzen. Von der 5. Klasse bis zur Oberstufe wird systematisch im Klassenzimmer gelesen – vom Lautleseverfahren über Lesen durch Hören bis zu Lesen mit Hunden. Die systematische Leseförderung erfolgt in enger Verzahnung von Unterrichtsentwicklung und Schulentwicklung.
Musical zur Berufsorientierung am Fontane-Gymnasium Rangsdorf
Mit der gemeinsamen Arbeit an einem Musical auf professionellem Niveau sprengt das Fontane-Gymnasium den klassischen Oberstufenfachunterricht und schafft Freiraum für eigenverantwortliches und selbstgesteuertes Lernen. Kooperiert wird mit Firmen aus der Werbe- und Eventbranche, die Einblick in verschiedene Berufsfelder geben. Dabei werden Aufführung, Orchester, Ton, Licht, Bühnenbild und Veranstaltungsmanagement von den Schülerinnen und Schülern entwickelt.
Simulationslabor am Regionalen Beruflichen Bildungszentrum Müritz
Das Regionale Berufliche Bildungszentrum begeistert mit einem perfekt ausgestatteten Simulationslabor für die Ausbildung im Pflegeberuf. Im geschützten Rahmen erproben Schülerinnen und Schüler hier den späteren Berufsalltag und nehmen von der Patientenperspektve bis zur Pflegefachkraft verschiedene Rollen ein. Das Skilltraining ist fest im Curriculum verankert.
Laudation zum RBB Müritz
„Du möchtest Menschen helfen, unterstützen, begleiten?“ Mit dieser Frage wirbt das Regionale Berufliche Bildungszentrum Müritz auf seiner Homepage bei jungen Menschen, sich für eine Ausbildung in der Pflege zu interessieren. Denn das ist weiterhin dringend notwendig. Deutschlandweit brechen von rund 130.000 Auszubildenden in der Pflege immer noch fast ein Drittel der Auszubildenden in Pflegeberufen vorzeitig ab. Das ist mit die höchste Abbrecherquote von allen Berufsausbildungen. An der Ausbildungsvergütung allein kann es nicht liegen. In Befragungen werden als Gründe immer wieder schlechte Arbeitsbedingungen, verbun- den mit einer hohen emotionalen Belastung in der täglichen Arbeit, ge- nannt. In kaum einem Bereich wird der Fachkräftemangel in Deutschland so deutlich wie in der Pflege. Die Pflegeberufe sind im Pflegeberufsgesetz 2019 neu geordnet worden. Anstelle der früher zersplitterten Berufe Gesundheits- und Krankenpfleger, Altenpfleger und Kinderkrankenpfleger sind diese nun in einer generalistischen Pflegeausbildung zusammengefasst. Das innovative neue Berufsbild heißt Pflegefachfrau/Pflegefachmann. Die Ausbildung ist bundesweit einheitlich geregelt. Sie erfolgt im dualen System an Pflegeschulen, in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen und dauert in Vollzeit 3 Jahre, in Teilzeit 5 Jahre und führt zu einer Abschlussprüfung. Pflege geht alle an, kann jeden betreffen, und sollte deshalb Teil von Allgemeinbildung im Rahmen von Gesundheitserziehung von sein.
Die meisten Menschen werden irgendwann in ihrem Leben auf die Unterstützung von Pflegefachkräften angewiesen sein, bei einem Krankenhausaufenthalt, beim Facharztbesuch, in Altenwohn- und -pflegeheimen, oder in der Inanspruchnahme von ambulanten Pflegediensten und Einrichtungen der Kurzzeitpflege. Pflegefachleute arbeiten in Hospizen und in Wohnheimen, sie versorgen Wunden und führen Infusionen, Blutentnahmen und Punktionen durch. Außerdem assistieren sie bei Untersuchungen, verabreichen den Patienten ärztlich verordnete Medikamente oder Injektionen und bereiten sie auf 2 operative Maßnahmen vor. Darüber hinaus übernehmen sie Organisations- und Verwaltungsaufgaben wie die Ermittlung des Pflegebedarfs und die Planung, Koordination und Dokumentation von Pflegemaßnahmen. Auch bei der Patientenaufnahme, in der Qualitätssicherung und bei der Verwaltung des Arzneimittelbestandes wirken sie mit. Diese Tätigkeitsbeschreibung hört sich ganz schön kompliziert und anspruchsvoll an. Die beruflichen Anforderungen werden durch demografischen Wandel, technologischen Fortschritt und zunehmende Spezialisierung immer komplexer. Diese Entwicklung erfordert vertiefte Kompetenzen in evidenzbasierter Pflege, in Versorgungsstrukturen, Beratung und Gesundheitsförderung. Nicht jeder Ausbildungsplatz/Arbeitgeber im dualen System kann das breite Spektrum für die notwendigen Praxiseinsätze in den verschiedenen Bereichen vorhalten. Der Rahmenlehrplan empfiehlt daher für die generalistische Pflegeausbildung methodisch ein Lernen in simulativen Lernumgebungen als „dritter Lernort“, der eine Brücke zwischen der Pflegetheorie und der Pflegepraxis herstellt.
Das RBB Müritz hat ein entsprechendes Simulationslabor aufgebaut, das systematisch in die Didaktische Jahresplanung des Pflegebereiches aufgenommen ist. Eine Arbeitsgemeinschaft SimLab bildet eine Steuerungsgruppe, die eng mit der Schulleitung zusammenarbeitet. Warum nun der Cornelsen Zukunftspreis? Übungsfirmen oder Lernbüros sind klassische Säulen und Lernorte der beruflichen Bildung. Sie bieten geschützte Räume, die der beruflichen Welt nachempfunden sind, und in denen Auszubildende sich Wissen und Fertigkeiten aneignen, ihre Handlungssicherheit, sowie ihre kommunikativen Kompetenzen und die Qualität ihres professionellen Handelns verbessern können. Welche Besonderheit hat die Jury überzeugt, das Simulationslabor auszuzeichnen? Neben den hochstandardisierten Abläufen in der Grundpflege gehört, nicht nur in der ambulanten Pflege, auch die Zusammenarbeit mit Angehörigen zum Berufsbild. Diese müssen zum Beispiel in Pflegetechniken unterwiesen werden. Auch bei den Pflegebedürftigen selbst bleibt das Ziel immer die Stärkung von Eigenverantwortung und der Erhalt von Autonomie und Handlungsfähigkeit, etwa wenn es um die Entwicklung einer differenzierten Körperwahrnehmung oder das Erleben von Aktivierung oder Entspannung geht. Pflegeberufe ist mithin ein pädagogisches und didaktisches Element inhärent. Immer geht es auch um Selbstsorge, um Wohlbefinden (well being) und Gesundheitserziehung. Pädagogik und Psychologie haben in der Ausbildung einen systematischen Stellenwert. 3 Der Bericht über die didaktische Gestaltung des Simulationslabors deutet an, dass auf diesen Aspekt geachtet wird, indem die Übung von Routinen konsequent mit einer Metaebene der Reflexion im beruflichen Alltagshandeln verbunden wird.
Die Auszubildenden besetzen innerhalb der Methode „Simulation“ und des Szenarios alle Rollen selbst. Sie bereiten das Simulationslabor entsprechend dem Szenario vor, übernehmen die Kamerasteuerung, führen Regie und organisieren die Beobachtung und strukturiertes Feedback. Die Dozenten agieren als Lernbegleiter*innen und fachliche Berater. Die Auszubildenden übernehmen ein sehr hohes Maß an Verantwortung für ihren eignen Lernprozess. Im SkillLab erlernen, üben und festigen die Auszubildenden Einzelfertigkeiten, wie beispielsweise die Blutzuckermessung, die Maßnahmen bei einer Unterzuckerung oder die Insulingabe in der gesamten Klasse oder in größeren Gruppen. Es ist dadurch nicht nur Training von Skills, sondern dialogisch und kommunikativ orientiert: Reflexive Simulation im Simulationslabor ist mehr als ein Führerscheintest im multiple choice Verfahren. Es ist die systematische Übernahme von Eigenverantwortung für den Lernprozess, die die Didaktik und Methodik des Simulationslabor auszeichnet. Als solches bietet das Simulationslabor ein Zukunftsmodell, wie zunehmend digitale Lernumgebungen, künstliche Intelligenz und der Einsatz von Pflegerobotern mit der kommunikativ-reflektierten Sorge füreinander und für sich selbst verbunden sind. Eine Schule der Zukunft, die auch im digitalen Zeitalter eine Bildungsschule sein will, wird auch gerade im Bereich menschlicher Arbeit und der beruflichen Bildung die Idee einer reflexiven Bildung mitnehmen. In diesem Sinn ist die Arbeit mit Simulationslaboren auf andere Berufsfelder übertragbar. Durch die Betonung der reflexiven Bildungsmöglichkeiten kann das Projekt Simple für andere Schulen und Schulformen ein Modell sein.
Cornelsen Zukunftspreis
Der Cornelsen Zukunftspreis wird seit 2017 vergeben und ist mit insgesamt 14.000 Euro dotiert. Er richtet sich an Schulleitungen und Lehrkräfte aller allgemein- und berufsbildenden Schulen. Ausgezeichnet werden Innovationen in allen Handlungsfeldern. Dabei wird zwischen den Kategorien „Schulleitungen“ und „Lehrkräfte“ unterschieden.
Cornelsen Stiftung Lehren und Lernen
Als gemeinnützige Stiftung engagiert sich die Cornelsen Stiftung Lehren und Lernen seit 46 Jahren für eine bessere Unterrichtsqualität in Deutschland. Ein wissenschaftlicher Beirat begleitet die Stiftung bei den aktuellen Förderschwerpunkten. Ziel ist es, Lehrkräfte zu stärken und schulisches Engagement zu fördern. Dafür vergibt die Stiftung den jährlichen Cornelsen Zukunftspreis und richtet eine mehrtägige SommerUni für Lehrkräfte aus. Die Cornelsen Stiftung Lehren und Lernen ist eine rechtsfähige Stiftung des bürgerlichen Rechts.