Am 12. Oktober jährte sich die Ermordung Alexis von Roennes, der zum erweiterten Kreis um Stauffenberg gehörte, zum 78. Mal. Auf dem Klosterfriedhof Malchow erinnert eine Gedenkinschrift auf dem Familiengrabstein an den preußischen Offizier, der Mitwisser des Attentats auf Hitler vom 20. Juli 1944 war und dies mit dem Leben bezahlte. Auch eine Dokumentation der Malchower Fleesenseeschule, die 2019 gezeigt wurde, beschäftigt sich mit diesem Gegner des Hitler-Regimes.
Alexis von Roenne war innerhalb der militärischen Strukturen des Dritten Reiches weit aufgestiegen: Geboren am 22. Februar 1903 im Baltikum und fünfzehn Jahre später nach Deutschland übergesiedelt, diente er elf Jahre lang im 9. Potsdamer Infanterieregiment, absolvierte die Kriegsakademie und wurde in den Generalstab des Heeres berufen. Dort teilte man ihn der Abteilung Fremde Heere West (FHW) zu und beförderte ihn später im Rang eines Oberst i.G. zu deren Chef, wobei i.G. „im Generalstabsdienst“ bedeutet. Auch privat hatte er sich etabliert: im Jahr 1935 Ursula von Bülow auf deren Familiengut Rogeez geheiratet und zwei Töchter gezeugt, Adelheid Barbara und Almuth. Dies klingt nach jemandem, der sich innerhalb des Systems gut eingerichtet hatte. Doch je länger der Krieg und die Herrschaft der Nationalsozialisten andauerten, desto mehr sah Alexis von Roenne das verbrecherische Gesicht beider: Ihn stieß die kirchenfeindliche Politik der damaligen Zeit ab – er selbst fühlte sich christlichen Werten verpflichtet. Mit den antisemitischen Maßnahmen, den Massenerschießungen an der Ostfront, wo er eingesetzt war und auch verwundet wurde, und den Fehlentscheidungen Hitlers und seines engsten Kreises ging es ihm ähnlich. Der Offizier fragte sich, warum die hohen Militärs tatenlos blieben – bis er durch persönliche Kontakte zu einigen Mitgliedern der Gruppe um Stauffenberg von dem Attentat erfuhr, das für den 20. Juli 1944 geplant war. Er beteiligte sich nicht aktiv daran, weil er aufgrund seiner christlichen Gesinnung Skrupel spürte, doch er war eingeweiht und wurde wie die meisten anderen aus der Gruppe wenig später verhaftet und inhaftiert, in seinem Fall im Berliner Gestapo-Gefängnis. Am 5. Oktober 1944 verurteilte ihn ein Gericht unter dem berüchtigten Präsidenten des Volksgerichtshofes, Roland Freisler, zum Tode. Das Urteil wurde am 12. Oktober in Berlin-Plötzensee vollstreckt. Von Roennes Leiche verscharrte man danach an einem unbekannten Ort. Es war dem Oberst aber gelungen, während seiner Haft verschiedene kleine Briefe an seine Frau aus dem Gefängnis herauszuschmuggeln, so dass seine letzten Tage nicht ohne Zeugnis blieben. In einem davon schreibt er über die Verschwörung: „Mein eigener Anteil war klein genug. Ich habe drei Wochen zuvor etwas erfahren und geschwiegen, weil auch ich darin die einzige Rettung Deutschlands und meiner Kinder sah. So falle ich stolz und reinen Gewissens.“
Unweit des einstigen Familiengutes der von Bülows in Rogeez findet man zwei wichtige Erinnerungen an Alexis von Roenne. Beide befinden sich in Malchow. Ein Erinnerungsstück ist die Gedenkinschrift, die in den Familiengrabstein auf dem Klosterfriedhof eingraviert ist. Hier fand 2019 eine Gedenkveranstaltung anlässlich des 75. Todestags von Roennes statt, zu der rund 150 Gäste kamen. Unter ihnen war auch die ältere Tochter, die heute Adelheid Döll heißt und in Bonn lebt. Sie beschreibt Alexis von Roenne in ihren „Erinnerungen an meinen Vater“ so: „Was mir blieb, ist die Erinnerung an einen hochgewachsenen Mann von 40 Jahren, blond und mit Brille, der über seiner Uniform bunte Kinder-Perlenketten trug, die ich mühsam für ihn gefertigt hatte, der mich an der Hand hielt, voll Liebe und voll Stolz.“ Adelheid war sieben Jahre alt, als ihr Vater ermordet wurde, ihre Schwester Almuth erst anderthalb. Sie mussten miterleben, wie ihre Mutter nach von Roennes Tod enteignet wurde und sogar noch eine große Geldsumme für die Kosten der Hinrichtung bezahlen musste. Die Familie war dann auf Unterstützung anderer angewiesen. Vor allem ein Pastorenehepaar aus Satow half ihnen.
Das andere Erinnerungsstück ist eine Dokumentation über Alexis von Roenne und einige Weggefährten, die Schüler und Lehrer der Fleesenseeschule Malchow zusammengestellt haben. Sie wurde ab dem 14. Oktober 2019 für einige Zeit in der Schule gezeigt. Diese kreative Ausstellung gilt als die erste detaillierte Aufarbeitung des Lebens dieses preußischen Offiziers. Die Exponate befinden sich – in Kartons und Kisten verpackt – noch in der Schule und sollen später ins Malchower Stadtarchiv überführt werden. Dort können sie als Basis für weitere Recherche dienen.