„Die vom G-BA beschlossene Mindestfallzahl für die Aufnahme und Abrechnung von Säuglingen unter 1250 Gramm Aufnahmegewicht in Perinatalzentren von 25 Fällen pro Jahr soll gestrichen und durch angemessenere Maßnahmen zur Qualitätssicherung ersetzt werden“, forderte das Dietrich-Bonhoeffer-Klinikum Neubrandenburg mit seiner Frühchenstadion in einer Petition. Mit Erfolg, denn bis zum Schluss konnten die erforderlichen 50.000 Unterschriften verdoppelt werden.
Das Dietrich-Bonhoeffer-Klinikum konnte gestern vermelden, dass insgesamt 108.000 Menschen die Petition unterzeichneten. Zu etwa 50.000 Online-Unterschriften kamen weitere 60.000 Unterschriften zusammen, die von den Petitions-Unterstützern auf der Straße an Infoständen und Demonstrationen gesammelt wurden.
Weil die magische Zahl von 50.000 Unterschriften für die „Petition 139965 - Keine Schließungen von Geburtshilfestationen aufgrund der Hochsetzung der Mindestfallzahl vom 07.10.2022“ erreicht wurde, muss sich jetzt der Petitionsausschuss des Bundestages mit dem Verfahren befassen. Zur Begründung für die Petition wurde durch das Dietrich-Bonhoeffer-Klinikum festgestellt:
„Im Koalitionsvertrag hat sich die Koalition auf einen Aktionsplan zur Umsetzung des nationalen Gesundheitsziel „Gesundheit rund um die Geburt“ geeinigt. Ein wichtiges Teilziel ist hier die Vorbeugung von Frühgeburten. So richtig dieses Teilziel auch ist, muss ebenfalls eine gute und flächendeckende medizinische Versorgung im Falle von Frühgeburten sichergestellt sein.
Die Hochsetzung der Fallzahlen des G-BA im Dezember 2020 haben jedoch die weitere Schließung von Level 1- Perinatalzentren zur Folge. Dadurch wird entgegen aller politischen Bekenntnisse flächendeckende Klinikinfrastruktur weiter abgebaut und die Wege für Betroffene in vielen Fällen unnötig und im schlimmsten Fall sogar lebensgefährlich verlängert.
Begründet wurde die Hochsetzung der Fallzahl von 14 auf 25 mit Studien, die belegen sollen, dass frühgeborene Säuglinge in Kliniken mit höherer Fallzahl eine bessere Überlebenschance hätten, als in Kliniken mit niedrigerer Fallzahl, da die Kolleginnen und Kollegen vor Ort, besser auf solche Fälle vorbereitet seien und dadurch besser helfen könnten.
Die richtige Schlussfolgerung aus dieser Erkenntnis sollte doch sein, die Standorte mit geringeren Fallzahlen qualitativ besser aufzustellen und somit sicherzustellen, dass auch diese Stationen besser vorbereitet sind und gute Behandlungsergebnisse erzielen, statt diese Standorte einfach gänzlich zu schließen.
Dabei hat sich die Koalition in ihrem Koalitionsvertrag an anderer Stelle sogar darauf geeinigt, kurzfristig für eine bedarfsgerechte auskömmliche Finanzierung für die Pädiatrie, Notfallversorgung und Geburtshilfe zu sorgen.
Diese auskömmliche Finanzierung ist wichtig und sollte auch in der Breite zur Erhaltung und Unterstützung von Standorten genutzt werden, denn besonders in ohnehin schon struktur-schwächeren Regionen entsteht der Eindruck von der Bundespolitik übersehen, übergangen und noch weiter abgehängt zu werden. In vielen Bereichen werden Einrichtungen geschlossen, weil sie bei sinkender Demographie nicht mehr effizient sind und die Demographie sinkt weiter, weil Einrichtungen geschlossen und so die strukturellen Bedingungen in den Regionen noch weiter verschlechtert werden. Diese Abwärtsspirale muss durch Investitionen und entgegen aller kalten Kennzahlen und Effizienzrechnungen gestoppt werden.
Auch steigt die Arbeitsbelastung des ohnehin schon wenigen in der Neonatologie tätigen Pflegepersonals an den Standorten mit über 25 Fällen durch die Übernahme weiterer Fälle nur noch weiter und die Fürsorge für die in der Tat allerkleinsten und schwächsten Mitglieder in unserer Gesellschaft wird dadurch auf noch weniger, bereits stark belastete Schultern verteilt.
Liebe Bundesregierung, für die Umsetzung unseres gemeinsamen Zieles die Gesundheit von Mutter und Kind flächendeckend in Deutschland sicherzustellen, brauchen sie mehr helfende Hände, nicht weniger. Bitte bleiben sie nicht hinter den großen Erwartungen zurück, der ihr Koalitionsvertrag bei uns weckt!“