Fachtagung "Steuern - Recht- Wirtschaft"
Steuer- und Finanzexperten aus MV einig: Steuererhebung muss vereinfacht werden
Ein Hauch von Revolution erfüllte die 32. Rostocker Fachtagung „Steuern – Recht – Wirtschaft“, die am 6. November in der Rostocker Stadthalle rund 150 Persönlichkeiten aus Wirtschaft und Politik des Landes MV zusammenführte. Bürokratieabbau mit einer einfachen Idee: Die Steuerexperten reichen in der Finanzverwaltung ihre Steuererhebungen für Unternehmen ein und diese werden innerhalb von vier Wochen im Vertrauen auf die Experten anerkannt. Keine intensiven Nachfragen von Seiten der Finanzämter, keine Nachreichung von Belegen und keine bürokratische Sisyphos-Arbeit.
„Wir brauchen angesichts von Personalengpässen dringend Lösungsansätze zum Bürokratieabbau“, unterstrich Dr. Holger Stein, Präsident der Steuerberaterkammer Mecklenburg-Vorpommern. Analysen brachten zutage, dass das Ergebnis der Finanzverwaltung insbesondere bei den Steuererklärungen von Unternehmen kaum von der eingereichten Erklärung der Steuerberater abweicht. Bei der Körperschaftssteuer stimmen 97 Prozent überein.
„Die seit 2014/15 eingesetzten digitalen Kontrollsysteme haben das Bild vom ehrlichen Steuerzahler nicht verändert“, betonte Torsten Lüth, Präsident des Steuerberaterverbandes Mecklenburg-Vorpommern e.V. und Deutschen Steuerberaterverbandes e.V.. Der Lösungsansatz, mehr Vertrauen in die Arbeit des steuerberatenden Berufs zu geben, würde den Staatshaushalt durch Personaleinsparung entlasten und gleichzeitig können die Kanzleien wieder stärker beratend arbeiten.
Dr. Heiko Geue, Finanzminister des Landes MV, stimmte dem Vorschlag auf der Fachtagung grundsätzlich zu. Angesichts von Personalengpässen und wichtigen gesellschaftlichen Transformationsprozessen sei es notwendig, „nicht alles bis ins Letzte kontrollieren zu wollen, sondern zu pauschalen Lösungen überzugehen und es bei Stichprobenkontrollen zu belassen“. Der Finanzminister sagte seine Unterstützung zu, sich auf Bundesebene für die entsprechenden Rahmenbedingungen und für mehr Vertrauen in den Berufsstand einzusetzen. In Mecklenburg-Vorpommern, so hob er hervor, herrsche ein gutes Klima zwischen Finanzämtern und Steuerberatern.
Der renommierte Soziologe Herr Prof. Dr. Armin Nassehi, hat in seinem Vortrag: „Bürokratie zwischen Rechtssicherheit und Überregulierung“ zu vielen kleinen, aber wirksamen Schritten auf dem Weg aus der Bürokratiekrise geraten. Der Präsident der Steuerberaterkammer Sachsen und Vizepräsident der Bundessteuerberaterkammer Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und Rechtsanwalt Dirk Rose, bereicherte die Fachtagung durch einen Blick in die Modernisierung der Betriebsprüfung.
Zum Abschluss wurde noch die Einführung der elektronischen Rechnung in Deutschland betrachtet. Handelt es sich hier um ein weiteres bürokratisches Monstrum? Der erfahrene Referent Steuerberater Dipl.-Finanzwirt Stefan Dickmann erläuterte den anwesenden Gästen die neuen Regularien.
Im Kammerbezirk Mecklenburg-Vorpommern, einem der kleinsten in Deutschland, arbeiten 399 Steuerberater und 372 Steuerberaterinnen. Sie bieten in ca. 650 Kanzleien mit ca. 4.800 Mitarbeitern und 400 Auszubildenden und Umschülern fiskalisches Know-how. Um langfristig eine vernünftige Betreuung der Unternehmen und steuerpflichtigen Personen in Mecklenburg-Vorpommern zu sichern, so ergab eine Berechnung der Kammer, ist ein jährlicher Zuwachs von 30 Steuerberatern und ca. 200 Steuerfachangestellten erforderlich. Derzeit sind es lediglich ca. 10 bis 15 neue Steuerberater und 120 Steuerfachangestellte.